Zweiter Auftritt


[409] Cordula, Nelkenstein.


CORDULA tritt, verkleidet, nur ein paar Schritte heraus.

NELKENSTEIN für sich. Welch holde Schüchternheit! Laut. Nur näher, mein Kind! Für sich. Der Gang will mir aber nicht recht gefallen.

CORDULA ist zu Nelkenstein hingegangen und fällt auf die Knie.

NELKENSTEIN. Nicht so, meine Liebe! Er hebt sie empor, für sich. Die Hand ist nicht sehr fein, das arme Kind wird viel arbeiten müssen.

CORDULA. Edler gnädiger Herr, wenn Sie ein Mensch und kein Raubritter sind, so schonen Sie mich!

NELKENSTEIN für sich. Der Ton ihrer Stimme kommt mir ganz ältlich vor. Ich weiß nicht, wo Heinrich da das Liebliche findet. Laut. Entschleiere dich, liebes Mädchen, fürchte dich nicht!

CORDULA. Nein, um keine Welt, das bin ich meinem Geliebten schuldig.

NELKENSTEIN. Fürchtest du, mich durch deine Reize zu blenden? Ich bin ein Freund deines Geliebten.

CORDULA. Darf ich Ihren Worten trauen?

NELKENSTEIN. Mein Ehrenwort zum Pfande!

CORDULA. Es sei! Doch respektieren Sie ja die Treue, die ich Ihrem Freunde geschworen! Entschleiert sich.

NELKENSTEIN aufs höchste erstaunt, prallt einen Schritt zurück, für sich. Hab' ich den Star? Tritt näher, betrachtet sie nochmal und sagt dann wieder bei sich. Das ist ja eine alte Hexe.[409]

CORDULA für sich. Wenn der sich etwa auch in mich verliebt und mit meinem Marquis Händel anfängt – das könnte blutig enden.

NELKENSTEIN. Ich habe – nein, ich nicht – andere Leute – kurz, Ihr wurdet hiehergebracht – Beiseite. nein, es ist zum Schlagtreffen!

CORDULA für sich. Er ist ganz verwirrt, am Ende muß ich ihm doch auch ein Plätzchen in meinem Herzen einräumen. Was ich jetzt auf einmal mit die Kavaliers für ein Glück habe!

NELKENSTEIN. Euer Geliebter kommt, geht wieder ins Kabinett, bis ich Euch rufe.

CORDULA. Ich bewundre Euren Edelmut. Geht langsam in das Kabinett und wirft einige schmachtende Blicke auf Nelkenstein zurück.

NELKENSTEIN allein. Ich stehe da wie ein dummer Junge und weiß nicht, was ich denken soll.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 2, Wien 1962, S. 409-410.
Lizenz:
Kategorien: