Siebzehnte Szene


[731] Die Vorigen. Assad, Ammon, Hosea, Nabal marschieren mit gezogenen Säbeln heraus.


ASSAD als Korporal die andern drei kommandierend. Eins, zwei, eins, zwei, eins, zwei, halt!

RACHEL. Und wie schön sie das machen!

HOSEA. Das Herumkommandieren fangt mich an zu verdrießen.

NABAL. Is er mehr als wir?

AMMON. Is nicht ein Jüd', als wie der andere?

ASSAD kommandierend. Marsch!

HOSEA. Wohin?

ASSAD. Wer hat was zu fragen, wenn ich kommandier'?

HOSEA. Pack ein, g'hörst auch nur unter die klein Leut'!

ASSAD. Supperdination! Habt acht!

AMMON. Ich bin neugierig, auf was.

ASSAD. Links g'schaut!

HOSEA. Warum? Links is gar nix! Warum sollen wir schauen links? was is da zu sehn?

ASSAD. Da soll doch das polnische Donnerwetter –!

JOJAKIM. Weh! Weh!


Hosea, Ammon, Nabal stecken ihre Säbel ein.


AMMON. Ich lass' mich ausstreichen.

HOSEA, NABAL. Wir auch!

HOSEA. 's Exerzieren macht Appetit, das könnt' man grad brauchen in der Hungersnot.

ASSAD. Krumm und lahm sollt's ihr werden –

VOLK zu Jojakim. Hilfe, schaff Hilfe hoher Priester![731]

JOJAKIM. Der Himmel kann euch nicht helfen, ihr habt ihm die Hände gebunden durch eure Sünden.

ASSAD. Wunder müssen geschehn, Wunder und Zeichen, sonst –

HOSEA. Mein Nachbar der Schlosser hat g'sagt, wenn nicht bis zum Schabbes kommt Hilfe von oben, so wird er lassen seine Lehrbub'n braten.

ASSAD. Unser ganzer Widerstand is eine Dummheit, wir wollen lieber sein schön unterwürfig, dem Holofernes öffnen das Tor, ihm machen ein tiefes Kompliment, und sagen: Euer Exzellenz sind der Beglücker von ganz Israel!

DANIEL plötzlich die Sprache gewinnend. Steiniget ihn! Steiniget ihn!

ALLE mit Staunen. Was war das? Der Stummerl red't?

RACHEL. Das is nur bei besondere Gelegenheiten der Fall.

ASSAD. Für gewöhnlich is er stumm.

JOJAKIM. Er ist gottbegeistert, hört auf sein Wort!

HOSEA. Auf die Art müßt' sein Bruder Assad gesteinigt werden.

RACHEL. Wär' mir nicht lieb, mein Mann –!

ASSAD zu Jojakim. Sie müssen ja nehmen, er is blind, und sieht nicht, was er red't.

JOJAKIM zu Assad. Du sollst frei ausgehen, aber dem Grimm des Herrn müssen Opfer fallen, des Stummen Mund wird sie bezeichnen.


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 731-732.
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