Theaterrede

[46] Hamburg 1739.


Heut hat sich unser Dank mit solchem Fleiß geschmückt,

Der sich alleine nur zu hohen Dingen schickt,

Weil er durch seinen Wehrt Dank und Verehrung mehret,

Und uns dabey zugleich auch unsre Schwachheit lehret.

Den Vätern dieser Stadt wird das was ungemein

Recht gut gerahten ist, darum viel lieber seyn;

Weil sie den eignen Fleiß von ihrer Stadt betrachten,

Als wenn wir noch so viel aus unsern Kräften machten.

Wir sind dem Schatten gleich der nicht vom Cörper weicht,

Wenn dieser sich erhöht und seinen Grad erreicht,

So fliegen wir ihm nach, wenn uns das Licht nicht hindert

Dadurch wir kenntlich sind und unsern Fleiß vermindert

Der diese schwere Kunst mit kostbarn Eifer sucht.


Zwölf Jahre bringen erst itzund davon die Frucht.

So weit und weiter nicht hab ich es bringen können.

Bald will die Zeit der Ort uns keinen Vortheil gönnen,[46]

Bald macht die Grübeley viel leichte Dinge schwer,

Bald sind die Gönner matt, und andre fordern mehr

Als was uns möglich ist. Bald scheint ein Grund zu kommen

Der neue Kräfte schenkt. Bald wird er weggenohmen,

Bald sind wir ohne Schutz, bald in der Feinde Hand,

Dem einen gar zu viel dem andern nicht bekannt.

Der sieht und schliest aus sich, was wir noch haben solten,

Und hindert uns zugleich an Guten das wir wollten.

Wir sind auf festen Land, doch hat das weite Meer

Kaum so viel Sturm und Wind, die Fahrt ist kaum so schwer

Als unsre Wallfart ist. Von einem Ort zum andern

Mit Sorgen, mit Verlust und schweren Kosten wandern,

Und immer die Vernunft in der Gefangenschaft

Zu halten, daß man oft von ihr die beste Kraft

Geschickt verbergen muß; Sie leugnen, unterdrücken,

Und doch durch den Gebrauch in alle Fälle schicken

Den Schaden vor sich sehn, und das was Schaden bringt

Zu kennen, und ihm doch daß es nicht weiter dringt

Behutsam Einhalt thun, sind lauter solche Sachen

Die uns das Leben schwer, das Werk zu kostbar machen.

Die Lust soll ehrbar seyn, bezaubernd und gelehrt,

Ich wünsch das auch und hab es lange schon begehrt

Allein umsonst gesucht. Den Harlequin zu finden,

Der alle Herzen soll mit Kunst und Lust verbinden,

Der allen alles soll, und jedem etwas seyn,

Der tritt wohl künftig erst auf dieser Erden ein;

Und kommt er, muß er noch viel Dinge mit sich bringen:

Erst, Geld genug für sich, das muß vor allen Dingen

Für einen Künstler seyn. Dann Willen, Fleiß und Kraft

Am Leib und am Verstand, hernach die Wissenschaft,

Und einen, der dazu recht von Natur gebohren

Der ihn regieren kann, sonst ist die Müh verlohren.

Das letzte sollte zwar das allerleichtste seyn,

Doch die Erfahrung sagt an meiner Stelle: Nein!

Die Künstler, wenn sie sind, sind schwerer zu regieren

Als ihre ganze Kunst kann Nutzen mit sich führen.

So viel gehört dazu eh man das Volck ergötzt,

Es bessert, und die Kunst im Grunde fester setzt.


Hier sind wir! So hat uns das Schicksal werden lassen,

Ist was an unsrer Kunst und auch an uns zu hassen,[47]

Belehrt uns, stehet uns mit Raht und Vorteil bey!

Und glaubt daß unser Herz nicht eigensinnig sey!

Daß es auch die Vernunft zu euern Ruhm soll führen!

Ihr sollt im Unterricht, kein Wort umsonst verlieren!

Ihr Väter schützt uns auch und nehmt euch unser an!

Hab ich gleich für die Kunst noch nicht genug gethan,

So hab ich doch zu erst die rauhe Bahn betretten,

Die voller Unflat war, und manchen Feind gebeten,

Daß er die Feindschaft ließ; damit der Kunst ihr Licht

Nicht mehr verdunkelt bleibt, nur das verwerfet nicht!

Hat gleich kein großer Geist das Werk vom Staub erhoben,

Ist doch ein guter Trieb an jederman zu loben.

Wer nach mir kommt mag sehn wie leicht die Stuffen sind,

Die man im Rückweg erst in ihrer Größe find.


Ihr Väter! helft das Werk durch euren Schutz erhalten!

Ihr Gönner, last die Gunst nicht allzu früh erkalten!

Behaltet uns bey euch als euer Eigenthum!

Und macht im deutschen Reich nur eurer Stadt den Ruhm,

Daß hier ein reines Spiel, ein Spiegel guter Sitten

Von euch erhalten wird, und auch bey euch gelitten!

Verwerfet auch an mir den kühnen Vortrag nicht!

Weil mein Mund für das Werk, mehr als mich selber spricht,

Für dieses streit ich nur, denn mir und meinem Leben

Ist leicht genug zu thun ist leicht genug zu geben.

Gott der viel Wunder thut durch Ordnung der Natur,

Der alles seegnen kan, der auch die rechte Spur

Zur rechten Weißheit zeigt, der keinen nicht verachtet

Wer ihn in seiner Macht und seiner Huld betrachtet,

Erhalt und segne hier Rhat, Handelschaft und Stadt,

Daß gar kein Umstand kommt der Klagen in sich hat!

Daß auch der Überfluß in Kunst und Reichthum blühet,

Und sich kein Mensch umsonst und mit Verdruß bemühet.


Quelle:
Friedrich Johann Freiherr von Reden-Esbeck: Caroline Neuber und ihre Zeitgenossen. Leipzig 1881, S. 243.
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