Er liebet ohne hoffnung

[458] B.N.


Was denckt ihr doch/ ihr kühnen sinnen?

Ihr geht auff allzuhoher bahn;

Denn euer frevelndes beginnen

Will weiter/ als es steigen kan;

Weil ihr dasselbe lieben wollet/

Was ihr doch nur anbeten sollet.


Die gantze welt steht euch ja offen/

Und steckt nicht voll unmöglichkeit.

Warum liebt ihr denn sonder hoffen/

Was euch die liebe doch verbeut.

Wo furcht und noth gesetze schreiben/

Muß lieb und lust zurücke bleiben.


Jedoch ich weiß nicht/ was ich sage/

Ich will nicht/ was ich wollen soll.

Darum erwehl ich nur die plage/

Und such im finstern meinen pol;

Vielleicht kan/ wie die nesseln bienen/

So mir der schmertz zu honig dienen.
[458]

Hab ich nicht hoffnung das zu kriegen/

Was mich mit flammen überstreut;

So qvillet dennoch mein vergnügen

Auch noch aus der unmöglichkeit;

Denn darff ich gleich die glut nicht nennen/

Will ich doch in gedancken brennen.


Und also lieb ich mein verderben/

Und heg ein feur in meiner brust/

An dem ich noch zuletzt muß sterben.

Mein untergang ist mir bewust:

Das macht: ich habe lieben wollen/

Was ich doch nur anbeten sollen.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 458-459.
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