Von Ernst das 269.

[172] Der Künig stůnd gen Nidergang.


Uf einmal waren drei Brüder, Künigssün, da wolt jeglicher Künig sein, und kamen mit einander für die Richter. Die Richter erkanten, das sie an dem Morgen frü alle drei solten uff das Feld gon, und welcher an dem ersten die Sonn uff sehe gon, der solt Künig sein. Sie giengen frü uff das Feld; die zween stalten sich gegen Uffgang der Sonnen und der[172] drit gegen Nidergang der Sonnen. Der sahe die Son wol ein halb Stund ee scheinen an dem Berg, der dagegen was, dan die andern. Darumb ward er Künig an seins Vatters stat.

Also wan ein Mensch warnem seins Nidergangs und seins Dotz, so würd er demütig und ein himelischer Künig. Aber wir betrachten nur unsern Ursprung und unsern Adel. Der Weiß spricht: (Ecclesiasti. 7. Memorare.) ›Gedenck dein letsten Ding, so sündestu nit me.‹

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 172-173.
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