Von Schimpff das 271.

[173] Einer küsset das Krucifix.


Es hat sich einmal ein Weinül übertruncken oder was sunst kranck, und man bracht im das Crütz. Das truckt er also an sein Hertz und erzögt semliche Andacht mit Kussen das Crütz, das jederman darvon gebessert ward. Er starb, und in dem dreisigsten erschein er seiner Gesellen einem. Er fragt in, wie es umb in stiend, in was Stantz er wer. Er sprach: ›Ich bin ewiglich verloren, und allermeist umb meins Zůtrinckens willen.‹ Diser[173] sprach: ›Wie kan das sein? Du hast doch so grose Andacht erzögt mit dem Crütz.‹ Er sprach: ›Da ir mir das Crütz gaben, da meint ich, es wer ein Flesch mit Wein, und was kül, und truckt sie an mein Hertz.‹

Also gat es, wamit wir in dem Tag umbgon, da traumt unß zů Nacht von; damit wir unß gebrucht haben in unserm Leben, damit gon wir an dem Dotbet umb. Der ein wil trincken, der ander wil disputieren, der drit wil jagen etc. Sich dich selber für!

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 173-174.
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