Von Schimpff das 279.

[176] Sein Seel verkauft einer.


Es waren uf einmal gůt Gesellen bei dem Wein, und da man die Ürtin machen solt, da het der ein Gesel kein Gelt und sprach zů den andern Gesellen, einer solt im die Ürtin uff den Degen leihen. Es wolt es keiner thůn, weder uff den Degen noch uff den Rock. Er sprach: ›So leihe mir einer die Ürtin uff mein Seel!‹ Es wolt es auch keiner thůn. Da sprach einer: ›Wilt du mir dein Seel zů kauffen geben, so wil ich dir sie abkauffen.‹ Er sprach Ja. Der Gesel sprach: ›Wie wiltu sie mir geben?‹ Er sprach: ›Ich wil sie[176] dir wolfeil geben. Bezal recht die Ürtin für mich und noch eine, das wir noch einmal gůter Ding seien!‹ Der Gesel sprach ›Ja‹ und bezalt die Ürtin für in.

Es kam dem Junckern in dem Dorff für, das der ein sein Seel verkaufft het, und het sie ein anderer kaufft, und meint, er wolt sie beid straffen, und berůfft sie und sprach zů dem ersten Gesellen: ›Warum hastu dein Seel verkaufft?‹ Er sprach: ›Lieber Juncker, darum: Ich weiß wol, das mein Seel des Tüffels ist, so hab ich sie meinem Gesellen baß günt dan dem Tüffel; darum hab ich sie im zů kaufen geben.‹ Der Juncker sprach zů dem andern: ›Warum hastu des Sel gekaufft?‹ Der Gesel sprach: ›Darum, das der Tüffel nit me dan ein Seel von einem Menschen heischt, so hab ich dise kaufft. Wan er mein Seel wil nemen, so wil ich im die gekauffte Seel bieten.‹ Also kunt der Edelman nichtz me darzů reden.

Es ist nit gůt mit den Selen Narrenwerck treiben und mit geistlichen Dingen.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 176-177.
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