Von Schimpff das 327.

[201] Einer gieng für ein Seckel vol Geltz.


Uf einmal gieng eß einem andern armen Man wie dem Blinden, dem auch nichtz Gůtz beschert was. Es was einer, der het ein gůten Fründ, der was arm. Er het im gern geholffen, das er es nit gewüßt het, wa es herkumen wer. Er het auch gern gewüßt, ob er der Hilff würdig wer oder nit, und nam ein Seckel und thet in vol Guldin und legt in in den Weg, da er anhin müst gon und wan er über Feld gieng, das er es fünd.

Da der nun also gieng, da kam er zů einem Baum, da sprach er zů im selber:[201] ›Laß sehen, kanstu blintzlingen von dem Baum an biß zů einem andern Baum gon?‹ und thet die Augen also zů und gieng also blintzlingen von einem Baum zů dem andern und gieng also für den Seckel vol Guldin, das er sie nit fand. Und sein Fründ, der den Seckel mit den Guldin het dar gelegt, der gieng langsam hinden nach und fand den Seckel mit den Guldin und zögt sie dem armen Man und thet eben, als wüßt er nit, wa sie herkemen, und fraget in, was er funden het, so er vor anhin wer gangen, und das er den Seckel mit den Guldin nit het funden, und wer er so weit hinden hernach gangen und het in funden. Da sprach der arm Man: ›Ich bin den Weg blintzlingen gangen.‹ Da erkant er, das es im nit beschert wer und das er unglückhafftig sein solt.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 201-202.
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