Von Ernst das 23.

[21] Ein Narr gieng nit ongeschlagen.


Es was uf einmal ein Nar, den het ein Her einem andern geschenckt, und waren zwen Knecht geordenet, die solten denselbigen Narren holen und in heimfüren. Und da in die zwen Knecht uff das Feld brachten, da giengen die zwen Knecht weit voranhin, und der Nar gieng langsam hinden hernach, und die zwen Knecht můsten sein alwegen warten und schalten in übel und flůchten im. Da sprach der Nar: ›Der Nar thůt nichtz on geschlagen.‹ Da machten die zwen Knecht ein lange Růten und schlůgen den Narren übel und triben in voranhin, und het der Nar kein Hossen an, und traffen in die zwen Knecht mit den Růten einmal oder drü umb die Schenckel. Und da der Nar der Růten empfand, da fieng er an also schnel zů gon und zů lauffen, das in die zwen Knecht mit den Růten nit erlauffen mochten.

Also sein vil Menschen, die nit zu dem Himelreich lauffen, sie werden dan geschlagen und getriben mit Kranckheiten und Pestilentzen und mit andern Plagen. Die seind gleich etlichen Hunden, die ir Her schlecht, so lauffen sie wol[21] zehen oder zwölffmal umb in, etwan schmucken sie sich in ein Winckel und dussen. – Etliche Frawen die wöllen auch geschlagen sein, und spricht manche: ›Wan mich mein Man nit schlüg, so wer er mir nit lieb; und sunst so er mein förcht, mir nachlůgt und mich schlecht, so ist er mir lieb, und erken ich, das er mich auch lieb hat‹. Es sein darnach etlich Frawen und Hund, die wöllen nit geschlagen sein. Also wan Got dich schlecht mit Widerwertikeit, das ist ein Zeichen, das dich Got lieb hat. (Sapientie 4. cap.)

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 21-22.
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