Von Ernst das 38.

[30] Zwen Narren schlůgen einander.


Ich liß von einem Narren, der het die Gewonheit an im, wa er für ein Menschen anhin gieng, so schlůg er in mit einem Stecken, den er für ein Kolben in den Henden trug. Er thet aber niemans nit we, er rüret einen nur hübschlichen an und lacht und gieng damit für. Es füget sich uff ein Zeit, da ein frembder Nar in dieselb Stat kam, da der Nar in was, der trůg auch ein Stecken in der Hand und het auch dieselbig Gewonheit an im, wa er für ein Menschen anhin gieng, so schlug er in mit demselbigen Stecken und thet auch nieman we.

Uff ein Zeit gieng der Statnar für den frembden Narren anhin und schlůg in auch nach seiner Gewonheit. Der Stattnar schlůg den fremden Narren auch widerumb. Der fremd Nar schlůg den Statnarren auch widerumb. Und darnach der Statnar den frembden Narren, und schlůg je einer den andern, und je eins umb das ander, und wolt keiner der letst sein, und schlůgen die zwen Narren einander, biß das sie alle beid nichtz mer mochten, und lagen also neben einander, als ob sie schier dot weren. Darnach schlůg keiner keinen Menschen me. Und wan es sich dan begab, daß sie einander bekamen, so gieng einer ein andere Straß oder uff der anderen Seiten der Strassen anhin, und sprach jeglicher zu den Lüten, wan anders Lüt da waren: ›Das ist ein Nar; hüt dich vor im, er schlecht die Lüt.‹

Also sein vil Menschen Narren, und allermeist grose Herren, die nit Frid mit einander haben wöllen. So einem ein klein Verdriessen geschicht, so wil er es rechen, und ziehen über einander und verderben Land und Lüt und schlagen einander ihre Lüt zů Dot; und nach grosem mercklichen Schaden, als dan in[30] Kriegsleuffen gewonlich geschicht, so ret man dan darzwischen, und werden eins mit einander. Als dan das gemein Sprichwort ist: (Stultus post damnum pactum facit.) ›Nach dem Schaden macht der Nar Frid.‹

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 30-31.
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