Von Schimpff das 391.

[234] Der Meder fand ein Guldin.


In dem Tütschen Land ist es geschehen, da het ein Ritter gar ein grose Matten, das er vil Meder het uff ein Feiertag. Da man Feierabent in allen Dörffern neben umbher lütet, da was einer under inen, der sprach zů den andern Medern: ›Lieben Gesellen, man lüt Feierabent; es ist morgen ein hochzeitlich Fest, und lassen unß zů der Vesper gon! Übermorgen ist auch gůt wercken.‹ Sein Gesellen spotteten sein. Er hanckt sein Segessen an ein Baum und gieng in die Vesper. Die Meder meigten für sich und liessen disem sein Teil ston; und da das Hochzeit vergieng, da giengen die Meder wider an ir Werck. Diser Meder gieng wider an sein Teil, das im seine Gesellen hetten lassen ston, und meyet weit hernach, und waren sein Gesellen weit vor im und spotteten sein und schruwen: ›Naher, naher!‹ Er schwig stil und leid es mit Gedult. Und da er also hernach meiet, da fand er ein guldinen Pfennig, der was als groß als ein Deller, und hůb in uff und besahe in und fieng an zů schreien vor Fröden und knüwet nider und danckt Got dem Herren. Die Meder und der Ritter lieffen zů im und besahen das Kleinet. Der Her laß die Obergeschrifft, und stůnd also in tütscher Sprach daruff geschriben, und ist in dem Latin also vil gesagt:


Manus Dei me compegit

Et in donum me redegit

Pauperi, qui non infregit

Diem festo celebrem.


Der Ritter trüg den guldin Pfennig mit im heim und zögt in seiner Hußfrawen. Die Frau wolt den Guldin haben und gab im als vil darumb, als ein Marck Golds wert ist; und ward darnach manchem Menschen gezögt.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 234.
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