Von Schimpff das 60.

[44] Der Gastmeister gelopt dem Apt zů vil.


Es was uff ein Zeit einer ein Apt worden in einem Kloster, der brach den armen Lüten das Almůsen ab, und die allerkargsten, zehesten Münch, die er het, denen befalhe er die üsserlichen Empter, als Gastmeister, Portner, Almůßner sein, und dergleichen Empter. Und begab sich uff einmal, das ein Sprecher, ein gůt Gesel benachtet und kam an das Kloster in dem Winter und begert Herberg. Man kunt es im nit versagen. Der Gastmeister fůrt in in die Hundstuben, die stanck fast übel, und bracht im ein arme Suppen und ein Stück rauchs Brotz und ein sauren essigten Wein und kein Liecht, und můßt also dunckel essen und můßt dieselb Nacht uff einem harten Banck ligen, bis das es Tag ward.

Da es nun wol Tag ward, da wolt er hinweg gon, da gedacht er: ›Wie bezalestu den Gastmeister und dancktest im der gůten Herberg?‹ Da er nun hinweg wolt gon, so findet er den Apt vor dem Kloster gon, und bettet. Da knüwet der Sprecher vor im nider und dancket im der Herberg und sprach: ›Groß Er und Lob wil ich von euch sagen. In zehen Jaren bin ich nie erlicher gehalten worden als hinnacht. Der Gastmeister hat mir nechtin groß und klein Fisch gesotten, und hat mir dreierlei Wein bracht und Weißbrot, und sein da bei einander gesessen in einer hübschen Stuben biß zů der Mettenzeit. Darnach da mir wol gelebt haben, da hat er mich schlaffen gewissen an ein gůt Bet, das was weiß und hübsch bereit und zůgerüstet, und hab ich ser wol geschlaffen, und jetz so ich hinweg bin gangen, da hat er mir ein hübsch Par Messer geschenckt. Darumb sol ich billich euwer Lob breissen.‹ Und fůr darmit darvon.

Der Apt der was fast zornig. Da man nun in das Capitel kam, da nam er den Gastmeister und hielt im das für, wie im der Gesel gesagt hat. Der Gastmeister leugnet es fast; es můst aber war sein, und ließ dem Gastmeister ein gůt Disciplin geben mit den Růten.

Also hat der Sprecher sich gerochen an dem Gastmeister, und man satzt in ab und macht ein andern Gastmeister, etc.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 44.
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