Von Schimpff das 61.

[44] Den Roub trůg ein Münch in seinem Buch heim.


Es was ein Ritter, der het ein Kloster Sant Benedicter Ordens, da er Kastfaut über was, wie der Apt Rinder, Fich und Sau zoh. Der Apt und der Edelman wurden uneins, das der Ritter dem Gotzhauß das Fich nam, Kü, Kelber, Ochsen, Schaff und Pferd etc. Wiewol sie kein Fleisch assen, hetten sie es doch für das Gesind und zů verkauffen. Der Apt was traurig des Schadens und schickt im zwen Herren, die allergelersten, die er in dem Kloster het, ob sie in möchten überreden Widerker zů thůn; sie schůffen nichtz. Der Apt schickt über ein Zeit zwen andere wolgelerte dar; sie schůffen auch nichtz. Darnach schickt er den allereinfaltigsten, schlechtesten Priester, den er het in seinem Kloster, zů im und sprach zů demselben Brůder: ›Brůder, so du zů dem Ritter kumest, so nim von Fleisch, was dir werden mag!‹

Da der einfaltig Brůder zů dem Ritter kam, da wolt er eben zu Tisch sitzen. Da sprach der Ritter: ›Her, sitzen daher zů dem Tisch und essen mit mir!‹ Der Brůder saß nider und aß allerlei Trachten, die man dar satzt, on Scham. Da man also aß und tranck, da sprach der Ritter zů disem Priester: ›Lieber Her, mich wundert, so ir kein Fleisch solt essen nach euwerem Orden, das ir dan jetz so lüstlich gessen haben. Haben ir nit wider euwere Regel gethon?‹ Der Münch antwurt und sprach: ›Nein, Her, ich bin meinem Apt gehorsam gewesen in dem Fleisch essen. Wan da ich von im gieng, da sprach er zů mir: Nim von Fleisch, was dir werden mag! Da hab ich wol gedacht, das mir nit me mög werden, dan ich in dem Bauch heim möcht bringen. Darumb so hab ich so geitiglichen yngeschoben.‹ Da lacht der Her und sprach: ›Wolan, ir müssen me heimtragen dan das in dem Bauch.‹ Und gab dem Gotzhauß widerumb, was im zůgehört het, und was er im genumen het.

Darumb Einfaltkeit etwan me vermag dan Kunst und Bescheidenheit.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 44-45.
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