Von Ernst das 643.

[356] Der Sun beschampt sich seins Vaters.


Es was ein Hantwerckßman, der het gar ein hübschen Sun zů einem Studenten zů Paryß ston. Die Edellüt zugen in zů inen, und gab sich uß für ein Edelman und schreib seim Vatter, er solt im 40 Kronen schicken. Der Vatter kam selber gen Paryß und wolt sein Sun besehen und kam in schlechten Kleidern als ein Buer. Der Sun fürt in in sein Kamer, und was eben, als man essen wolt, und sprach zů im: ›Vatter, man halt mich für ein Edelman, und wer mir ein Schand, wan du sprechest, das du mein Vatter werest. Sprich, du seiest meins Vatters Diener!‹ Der Vatter sprach:[356] ›Ja, es ist gůt.‹ Da man essen solt, da satzt man den Vatter zů den Köchen und Knechten etc. Da man nun gessen het, da fůrt er sein Vatter aber in sein Kamer und sprach: ›Vatter, bringstu mir vil Geltz?‹ Er sprach: ›Ja, ich bring Geltz gnůg, ich wil aber dir keins geben. Du hast dich mein beschempt zů einem Vatter, so wil ich mich dein auch beschamen zů einem Sun, und sol dir kein Pfennig von mir werden. Ade, ich far dahin.‹

Das was recht dem Evangelio gegleicht.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 356-357.
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