Von Schimpff das 644.

[357] Der kauft ein Zuber vol Milch.


Es was ein kurtzweiliger Abenthürer, der kam in ein Stat. Der wolt da auch etwas zůrichten, das man wüßt von im zů sagen, wie er vor in vil Stetten auch het gethon. Nun kam an einem Freitag alwegen vil Milch dar feil, und er het an dem Milchmerckt ein Badbüt gestelt. Wan die Frawen kamen und Milch brachten uß den Dörffern, so kaufft er sie inen alle ab und hieß die Milch in die Bütten schütten. Und het ein Schreiber darneben sitzen, der schreib es uff, und sprach: ›Lieben Frawen, wan ich Milch gnůg hab, so wil ich euch einsmals bezalen.‹ Die Frawen liefen heim und schütten Wasser in die Milch und brachten es und liessen es uffschreiben. Da die Büt vol was, da sprach er: ›Lieben Frawen, des Geltz ist mir zů vil worden. Ich hab jetz nit so vil, das ich euch die Milch bezalen mög. Ir müssen mir acht Tag beiten. Uff den nechsten Merckt wil ich euch alle erberlich bezalen.‹ Die Frawen wolten nit warten, sie wolten bezalt sein. Da stalt sich der Abenthürer, als ob er zornig wer, und sprach: ›Wöllen ir mir nit borgen, so laufen und nem jegliche ir Milch widerumb!‹ Und lief er hinweg.

Da fielen die Frawen alle über die Milch, und nam jegliche die ir, und wurden uneins darüber und schlugen einander die Häfen umb die Köpf, und ward vil Milch vergossen und verschüt. Und was nit anders, dan als ob es Milch het geregnet. Und lachten die Herren alle, und wer da was, des Schimpfs.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 357.
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