Wasser und Wein.

[105] Unerschrocken taucht der Fischer

In die Meeresflut,

Wo auf tiefem, feuchtem Grunde

Still die Perle ruht.

Gerne hab' ich volle Krüge

Und vom Wein ein Meer,

Sind in meinen Liedern Perlen,

Holt' ich da sie her.


Da die Welt von Sünd' umnachtet,

Kam die Sintflut wild,

Und die Nacht ward von den Wassern

Jäh hinweggespült!

Auch mein Herz ist oft umnachtet,

Doch von Gram und Pein,

Machtlos aber ist das Wasser,

Mir hilft nur der Wein!


Müde in der Sommerhitze

Steht das Blümelein,

Doch ihm flößt ein milder Regen

Neues Leben ein:

Wenn verzagt ich und ermüdet,

Macht der Wein mich frei,

Und nach einem feinen Tropfen

Glüht's in mir aufs neu'.


Ob Verstellung, ob Betrübnis,

Was es immer ist,

Alter Brauch, daß um die Toten

Tränen man vergießt;

Ich verbitte mir das Wasser:

Wenn es Tränen gilt,

Mögen sie dem Kelch entströmen,

Der mit Wein gefüllt!

Quelle:
Petöfi, Alexander: Poetische Werke in sechs Bänden. Bd. 3, Wien, Leipzig 1910, S. 105-106.
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