XIII.

[55] Der Schmerz, der mich durchglühet

So brennend und ohn' Ende,

Wollt' er mit seiner Farbe mich bedecken,

Vielleicht, daß, die mich fliehet,

Der Wärm' ein Theil empfände,

Und Amor, wo er schläft, sich ließ erwecken

Nicht mehr durch Waldesstrecken

Würd' ich einsamer Weise

Noch über Hügel schreiten,

Und Thränen seltner gleiten,

Erglühte sie, die starret gleich dem Eise,

Die mir kein Quentlein gönnet,

So nicht wie Flammen brennet.


Seit Amor, dem ich eigen,

Mein Wissen mir entrungen,

Hat ernst und rauh sich meine Stimm' ergossen.

Doch nicht allein in Zweigen

Zeigt, was den Kern durchdrungen,

Der Baum, in Blüthen nicht allein und Sprossen;

Seht, was das Herz verschlossen,

Amor und schöne Augen,

Wo er im Schatten waltet!

Wenn sich der Schmerz entfaltet,

Und Thrän' und Klagen aus der Tiefe tauchen,

Schmerzt jenes mich, dies Andre,

Weil ich in Blindheit wandre.
[55]

Ihr freundlich süßen Weisen,

Die ihr mir beygestanden

Im Streit, als andre Waffen mir gebrachen,

Wer wird dies Herz von Eisen

Entledigen der Banden,

Daß sich es nur, wie sonst, ergieß' in Klagen?

Mir ist, als hört' ich sagen

Drin Jemand von der Hehren,

Ihr Wesen mir entfalten;

Doch will ich's nachgestalten,

Versagt die Kraft, als sollt' ich mich verzehren.

So ist mir ach! entschwunden,

Worin ich Trost gefunden.


Dem Kindlein zu vergleichen,

Das, wie die Zunge strebe,

Kaum lallt, doch Schweigen nicht vermag zu tragen;

So kann auch ich nicht schweigen,

Es treibt mich, weil ich lebe,

Zu meiner süßen Feindinn aufzuklagen. –

Kann Lust ihr und Behagen

Nur eigne Schönheit bringen,

Ist Alles ihr zuwider,

Ruf' ich zu euch hernieder:

Verleihet meinen Seufzern reiche Schwingen,

Gestad', und offenbaret,

Wie freundlich ihr mir waret!


So schöne Füße nimmer

Betraten je die Erde,

Als die einst ihre Spur euch hinterließen;

Drum kehr' ich jammernd immer

Mit klagender Geberde,[56]

Euch meines Herzens Tiefen zu erschließen.

O daß von ihren Füßen

Ich säh' die leisen Tritte,

Wo Halm' und Blumen weben,

Daß meinem Jammerleben

Ein Ruheplätzchen würd' in ihrer Mitte!

Doch sucht, wie's ihm beschieden,

Das zage Herz den Frieden.


Es hat, wohin ich blicke,

Sich milder Glanz ergossen;

Hier, denk' ich, war ihr reizend Licht zu sehen!

Wenn Blum' und Halm ich pflücke,

Scheint Alles mir entsprossen

Dem Boden, wo sie einst gepflegt, zu gehen,

Wo zwischen Fluß und Höhen

Sie einen Sitz im Grünen,

Mit Blumen frisch umbreitet,

Zuweilen sich bereitet. –

Und schlimm für wahr, hätt' es nicht bloß geschienen!

Welch Heil muß in dir wohnen,

Kannst du so herrlich lohnen!


Wie rauh doch bist du, meine arme Kleine!

Auch du wirst's also finden;

Drum bleib' in Waldesgründen!

Quelle:
Petrarca, Francesco: Italienische Gedichte. Band 1, Wien 1827, S. 55-57.
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