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[89] Stroph. 1.
Konst-geübte Pierinnen/
Die jhr liebet deutsche tracht/
Vnd der edlen sprachen pracht:
Gonst-beliebte hold göttinnen
Die jhr edlen tugend-ruhm/
Vnd der zarten jugend-blum
Ehrlich lehret liebgewinnen/
Heget einen frewden tantz/
Windet einen myrtenkrantz/
Dem/ den jhr mit konst laurieren
Soltet/ für eim andern ziehren.
Antistroph. 1.
Billich werden Phoebus-haben
Für Plutonis pracht vnd gut
Vnd für Martis trotzen muth
Hochgerühmet vnd erhaben:
Billich wird der tugend-ruhm/
Billich wird der tugend-blum/
Vnd die zarten liebe gaben/
Welche nähst der konst allein
In der eh das beste seyn/
Andern dingen vorgezogen/
Wenn man alles wol erwogen.
[89] Epodos 1.
Doch ist die schönheit donst vnd wind/
Wo man nicht gute könste findt/
Mit gottes forcht vermehlet/
Wer ohne die nach könsten trachtt/
Vnd achtet nur auff schönheit-pracht/
Der hat gar weit gefehlet/
Stroph. 2.
Darumb edle Pierinnen/
Preiset vnsern bräutigam
Preiset seinen traubenstamm/
Eine von den holdgöttinnen.
Denn jhr tewrer tugend-ruhm
Vnd der zarten jugend-blum'
Hat sie heissen liebgewinnen/
Den/ der Gottesforcht beliebt/
Den/der sich in tugend übt
Den/ den jhr mit konst-laurieren
Soltet für eim andern zieren.
Antistroph. 2.
Wünschet beiden Gottes segen/
Wünschet beiden fried' vnd ruh.
Wünschet jhnen noch dazu/
Alles/ was zu wünschen pflegen
Die mit ehren vnd mit ruhm
Brechen-ab die jugend-blum'
Hoffend' auf einn Venus-regen:
Gönnet jhnen diese lust/
Die nur denen ist bewust/
Welchen Gottesforcht erwogen/
Wird der wollust vorgezogen.
Epodos 2.
Herr bräutigam hat nicht gefehlt
Die schönheit ist mit konst vermählt/
Die jugend mit der tugend/
Die Gottesforcht mit redlichkeit/
Die liebe mit der freundlichkeit/
Die tugend mit der jugend.
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