|
[46] Ach welch' ein nichtig was macht einen doch zuschaffen!
Eim träumet fort vnd fort/ vnnd doch meist ohne schlaffen.
O wunder vieles nichts! man weiß nicht/ wz eim ist
Vnd gleichwohl fühlet man/ daß 's einem 's hertze frisst.
Es giebet rath vnd that/ vnd läst sich selbst nicht weisen:
Es machet zart vnd weich; vnd auch zu stahl vnd eysen:
Es wundet ohne wund': es zeichnet ohne mahl:
Es redet ohne zung': es zählet ohne zahl:
Es macht 's gesichte roth; vnd macht/ daß wir erbleichen:
Es weichet jedermann'/ vnd niemand wil jhm weichen:
Es macht zu flamm' vnd fewr/ vnd kömmt aus flamm' vnd fewr:
Es ist mehr als gemein'; vnd gleichwol sehre tewr':
Es leidt vnd duldet viel/ vnd kan doch wenig leiden:
Es förchtt vnd meidet viel/ vnd niemandt kan es meiden:
Es frewt sich ohne frewd': es leidet ohne leid:
Es ist nicht ausser zeit/ vnd dennoch ohne zeit:
Es nimmet einem 's hertz'/ vnd kan doch hertzen geben:
Es stirbet ohne tod: es lebet ohne leben:
Es brennet ohne fewr: es fewret ohne brand:
Es löset/ wen es bindt: es bindet ohne band.
Ein solch nichts vnd doch was ist braut vnnd bräutigams plage.
Weiss jemand/ was es ist/ ich bitt' jhn/ das er 's sage.
Was deucht dich doch hievon/ du grosser kleiner-gott/
Wie soll man heissen doch den lebendigen tod?
Ist 's nicht der süsse gifft von deinem pfeil' vnd bogen/
Damit/ du blinder gott/ die gantze welt betrogen?
Ist 's nicht ein sachtes weh'/ ist 's nicht ein süsser schmertz'
Aus liebes-augen her geschlichen in das hertz'?
Es ist/ herr bräutigam/ das/ was euch hat gezwungen/
Das fewr/ das in der fluth ein lied euch abgedrungen/
Ein lied vom nichts vnd was/ das euch in euch verletzt/[46]
Ein liedt; welchs auff der See ewr halbes hertz' ergötzt.
Das lied hab ich gehört von einer meergöttinnen/
Welchs jhr/ her bräutigam habt pflegen zu beginnen
Ein sehnlich klage-lied/ so/ daß das blawe tieff
Mit trübem wiederschall' am vfer wiederrieff:
O süsser hertzen-trost von Amor übergossen
Mit lieblicher gewalt! o glantz/ in mir verschlossen!
Verschlossen vnd verwahrt; wie kan ich dir entgehn?
Du bist in vnd von mir/ dich seh' ich vor mir stehn.
Auff diesem höltzinpferd' hab' ich nun weit geritten
Im felde/ da der weg mit keulen wird durchschnitten
Noch find' ich euch bey mir/ ewr geist kömmt zu mir her!
Des wassers macht ist groß/ dis fewres macht noch mehr
Weil denn/ herr bräutigam/ die liebe zeit ist kommen/
Da solche fewres macht durch fewr euch wird benommen/
So wünsch' ich euch ein fewr/ das euch in dem es brent/
All' ewren durst vnd hitz' auffs beste lescht vnd wendt.