Auffgelöstes Hochzeit-räthsel Zu ehren Hn. Johann Heinrich Daubingern bräutigam vnnd Jungfraw Catharinen Ellerts/ braut

[46] Ach welch' ein nichtig was macht einen doch zuschaffen!

Eim träumet fort vnd fort/ vnnd doch meist ohne schlaffen.

O wunder vieles nichts! man weiß nicht/ wz eim ist

Vnd gleichwohl fühlet man/ daß 's einem 's hertze frisst.

Es giebet rath vnd that/ vnd läst sich selbst nicht weisen:

Es machet zart vnd weich; vnd auch zu stahl vnd eysen:

Es wundet ohne wund': es zeichnet ohne mahl:

Es redet ohne zung': es zählet ohne zahl:

Es macht 's gesichte roth; vnd macht/ daß wir erbleichen:

Es weichet jedermann'/ vnd niemand wil jhm weichen:

Es macht zu flamm' vnd fewr/ vnd kömmt aus flamm' vnd fewr:

Es ist mehr als gemein'; vnd gleichwol sehre tewr':

Es leidt vnd duldet viel/ vnd kan doch wenig leiden:

Es förchtt vnd meidet viel/ vnd niemandt kan es meiden:

Es frewt sich ohne frewd': es leidet ohne leid:

Es ist nicht ausser zeit/ vnd dennoch ohne zeit:

Es nimmet einem 's hertz'/ vnd kan doch hertzen geben:

Es stirbet ohne tod: es lebet ohne leben:

Es brennet ohne fewr: es fewret ohne brand:

Es löset/ wen es bindt: es bindet ohne band.

Ein solch nichts vnd doch was ist braut vnnd bräutigams plage.

Weiss jemand/ was es ist/ ich bitt' jhn/ das er 's sage.

Was deucht dich doch hievon/ du grosser kleiner-gott/

Wie soll man heissen doch den lebendigen tod?

Ist 's nicht der süsse gifft von deinem pfeil' vnd bogen/

Damit/ du blinder gott/ die gantze welt betrogen?

Ist 's nicht ein sachtes weh'/ ist 's nicht ein süsser schmertz'

Aus liebes-augen her geschlichen in das hertz'?

Es ist/ herr bräutigam/ das/ was euch hat gezwungen/

Das fewr/ das in der fluth ein lied euch abgedrungen/

Ein lied vom nichts vnd was/ das euch in euch verletzt/[46]

Ein liedt; welchs auff der See ewr halbes hertz' ergötzt.

Das lied hab ich gehört von einer meergöttinnen/

Welchs jhr/ her bräutigam habt pflegen zu beginnen

Ein sehnlich klage-lied/ so/ daß das blawe tieff

Mit trübem wiederschall' am vfer wiederrieff:

O süsser hertzen-trost von Amor übergossen

Mit lieblicher gewalt! o glantz/ in mir verschlossen!

Verschlossen vnd verwahrt; wie kan ich dir entgehn?

Du bist in vnd von mir/ dich seh' ich vor mir stehn.

Auff diesem höltzinpferd' hab' ich nun weit geritten

Im felde/ da der weg mit keulen wird durchschnitten

Noch find' ich euch bey mir/ ewr geist kömmt zu mir her!

Des wassers macht ist groß/ dis fewres macht noch mehr

Weil denn/ herr bräutigam/ die liebe zeit ist kommen/

Da solche fewres macht durch fewr euch wird benommen/

So wünsch' ich euch ein fewr/ das euch in dem es brent/

All' ewren durst vnd hitz' auffs beste lescht vnd wendt.

Quelle:
Deutsche Literatur, Reihe Barock, Erg.-Bd., Leipzig 1939, S. 46-47.
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