Nr. 187. Jägerspuk.

[183] In Lerbach war ein Schütze, der traf so gut, daß er immerfort auf den Schützenhof kam, wenn das Schießen eben vorbei war; dann that er noch seine drei Schüsse und dadurch wurde er jedesmal der beste Mann. Einstmals kam er auch so spät an und die Schützenbrüder sprachen untereinander: jetzt wird er uns abermals den Gewinn entreißen. Der gute Schütze aber lehnete sein Gewehr an den Schützenstand und sagte dann: es möge ihm niemand etwas zum Schur und zum Tort thun, er könne sonst nicht dafür einstehen, daß kein Unglück geschehe. Es standen ihm aber drei Scheiben statt einer vor Augen, das sahen die anderen nicht und nur der eine wußte es, der ihm das Blendwerk dort hingestellet hatte. Als die beiden falschen Scheiben nicht verschwanden, schoß er los auf die Scheiben und da fiel der Mann, der das Blendwerk gemacht hatte, gerade hinter ihm zu Boden und war mitten ins Herz getroffen.

In Lerbach wird auch erzählt, daß in der »Wäsche« drei kreideweiße »Wilperte« (Rehe) auf hoher Klippe gestanden und sich dem Jäger gezeiget haben. Der Förster Fleischmann sah einst im Hahnenwinkel zwischen Lerbach und Osterode eine große Katze. Da lud er einen Matthier,1 vor dem aller Spuk zunichte wird, in die Büchse und als die Katze das sahe, stand sogleich eine natürliche Frauensperson da, die er genau kannte. Da sagte er zu ihr: »Thu das nicht wieder, was du jetzt gethan hast, sonst bist du geliefert.« Da ging das Weib beschämt von dannen. Sogar als Hasen sind den Jägern hier bereits Hexen erschienen.

Fußnoten

1 Vier Pfennige.


Quelle:
Heinrich Pröhle: Harzsagen, zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewohner. Leipzig 21886, S. 183-184.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Harzsagen
Harzsagen - Sagen des Oberharzes 1859 - Band 1 (von 2)
Harzsagen - Sagen des Unterharzes 1859 - Band 2 (von 2)