[Wenn der Gärtner Blumen hegt]

[376] Wenn der Gärtner Blumen hegt,

Sie mit treuem Fleiße pflegt,

Darf er des Sturms nicht denken,

Der sie zu Boden legt.


Wenn die Mutter liebeslind

Hegt und pflegt und zieht ihr Kind,

Vergißt sie, wie vergänglich

Die Liebesblüthen sind.


Wenn des Gärtners fleiß'ge Hand

Nicht schon Lohn im Fleiße fand,

Wird sie ihn nimmer finden

Von Frost und Sommerbrand.
[376]

Und wenn treue Mutterbrust

Nicht in sich hätt' ihre Lust,

Wie könnte sie sich trösten

Um ihres Kinds Verlust!


Liebe lohnt sich selber schon,

Liebesmüh ist Liebeslohn;

Die Liebe trägt vom Grabe

Der Liebe sich davon.

Quelle:
Friedrich Rückert: Kindertodtenlieder aus seinem Nachlasse, Frankfurt a.M. 1872, S. 376-377.
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