[35] Ich stürze meinen Wogenschwall
Durch grause Felsenklüfte,
Und meines Ganges Donnerhall
Vernehmen alle Lüfte.
Daß ich ein wilder Gießbach bin
Und hege keinen sanften Sinn,
Das mag ein jeder wissen.
In Fesseln thu' ich nimmer gut
Und dulde keine Banden;
Und wer begegnet meinem Mut,
Der wird vor ihm zu schanden;
Und wer sich mir entgegenstemmt,
Mich in der stolzen Freiheit hemmt
Er muß den Frevel büßen.
Den Felsen, der in meiner Bahn
Sich keck entgegen türmet,
Fass' ich mit starken Armen an,
Er wird hinabgestürmet;
Das Blümlein aber, das gebückt
Auf meine Strudel niederblickt,
Darf ohne Scheu mich küssen.
Und dämpfen wollt' ich meinen Mut,
Wenn ich ein Quellchen fände,
Das willig seine klare Flut
Mit meinem Strom verbände:
Ich gäbe meinen wilden Sinn
Geduldig ihr in Fesseln hin
Und lernte sanft zu murmeln.
Und wenn du denn das Quellchen bist,
Und wenn ich dir gefalle,
So sei mir froh als Braut gegrüßt,
So zeuch in meine Halle;
Mein Haus ist hochgewölbt und kühl,[36]
Laß uns der Minne süßes Spiel
In seinem Schatten spielen.
Und wenn der wilde Schaum dich schreckt
Auf meines Reiches Fläche,
Sieh nur herein, der Schaum bedeckt
Kristallne Wasserbäche.
Rein komm' ich aus der Mutter Schoß,
Und keine trübe Lache floß
Mit meinem Strom zusammen.
So komm und laß mein Brausen dir,
Wie ich dich liebe, sagen.
Komm, Braut, o komm, und laß von mir
In meinem Arm dich tragen,
Von meiner stolzen Manneskraft
In hohem Lauf dahingerafft
Zum Bett des Ozeanes.
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