Sechstes Kapitel.

[46] Der Magister sah von seinem kummervollen Abendbesuch nach der Tür und fragte nicht mehr genauer, wer da draußen stehe. Und der draußen Stehende wartete es auch nicht länger ab, daß man ihm Herein rufe. Er klopfte aber doch höflich mit dem blutrünstigen Knöchel an der arbeitsharten Faust an, ehe er sich verlegen-ungeschlacht hereinschob. Und dann stand er neben der Hausmagd der Frau Klosteramtmännin und sagte mit harter, stockigter, heiserer Stimme:

»Ja, nichts für ungut, Herr Magister, es ist so, wie das Mädchen gesagt hat, und ich möchte wohl heute Abend noch mit Ihm reden von wegen gutem Rat und der Landkarte wegen, die Er wohl noch von Seiner abgegangenen Schule her auszulegen weiß.«

»Also Er ist es, Schelze?« sagte Magister Buchius. »So wünsche ich Ihm vor allem zuerst einen höflichen guten Abend zu Seinem Besuch.«

»Schönen guten Abend, Herr,« stotterte der zornige Knecht. »Und nehme Er's nicht übel, Herr, daß ich vergessen habe, Ihm den zu bieten! Aber das soll man wohl vergessen in dieser Zeit und nach dem Tage, wie man ihn sich gefallen lassen soll von Tage zu Tage. Das wäre aber nun wohl die letzte Höflichkeit in Kloster Amelungsborn, und nun, Wieschen, sieh mich nicht so erbärmlich an, es hilft uns beiden zu nichts. Und weil ich mich auf der Karte doch wohl nicht mit Seiner besten Hilfe zurecht[47] finden kann, Herr Magister, habe ich Ihm gleich ein Stück Kreiden mitgebracht. Da!«

Er hatte schon während seiner verworrenen Rednerei in der Tasche gesucht und legte jetzt wirklich dem alten gelehrten Herrn ein Stück Kreide auf den Tisch vor die erstaunten Augen.

»Ja, wenn Er mir sagen will, Schelze, was ich hiermit soll –«

»Ja, Heinrich, jetzt sag's dem Herrn Magister nur selber in deiner Unsinnigkeit, was er damit soll!« schluchzte Wieschen darein.

»Die Welthistorie soll Er mir damit auf den Tisch malen. Den Weg soll Er mir hier auf den Tisch malen, den Weg zum guten Herzog Ferdinand.«

Er zog jetzt mit seiner Kreide einen Strich über den Tisch.

»Da fließt die Weser. Hier, wo der Brotlaib liegt, ist der Solling. Da über den Hering weg brechen die Franschen wieder ein aus dem Götting'schen, das weiß jeder, und der Stocktaubste hat's aus dem Geheul heute wieder heraushören können. Aber nun da drüben um Seinen Suppenpott ist das Westfälische, und dorten steht der Herzog; längs der Weser lang steht es voll von seinen Völkern. Aber der Rabenzug heute Abend ist auch aus dem Calenbergischen hergezogen, und das Westfälische ist groß, und zerreißen kann sich der Herzog nicht und an jeglichem Orte zugleich sein, und ich mag doch nur zu ihm allein hin. Daß er in Hameln auf den Tod liegt, glaubt keiner unten im Stall. Das läßt unser Herrgott nicht zu; und es hat ihn auch schon einer, der von drüben gekommen ist, reiten sehen auf seinem Schimmel, aber das ist bei Meyborsen im Brever-Bruch gewesen; und da sagen auch andere, das sei einer von seinen engelländischen Generalen gewesen. Und seine englischen Bergvölker mit den nackten Beinen und Dudelsäcken sind aus dem Pyrmont'schen her, zwischen Grohnde und Bodenwerder, vernommen worden; der Herr Magister hier aber hat seine Karten an[48] der Wand und sich alles darauf angeschrieben, wie es draußen aussieht in der Welt. Und nun, Herr, wenn Er Erbarmen mit einem armen Menschen haben wollte und einem armen Menschen seine Seele vor einem Mord an seinem Brotherrn bewahren möchte, so sollte Er mir heute abend genau anweisen, wo ich auf dem kürzesten Richtewege zu unserm Herrn Herzog Ferdinand kommen kann!«

Magister Buchius war nicht der Mann, der sich sofort zu fassen und Antwort zu geben wußte, wenn man in irgendeiner Art und Weise auf ihn einlärmte; aber zu fassen wußte er sich mit der Zeit immer.

Zuerst murmelte er jetzt, beide magere Knie mit den beiden Händen reibend:

»Ich hab's mir wohl gedacht! ich hab's mir wohl gedacht. Es wird wie damals im dreißigjährigen Elend; wir treiben uns alle – einer den andern in den Krieg. Den Bauer vom Pflug, den Handwerksmann aus der Werkstatt, den Studenten von dem Buch! alle! alle! Den Herrn und den Knecht, den Meister und den Jungen – alle, alle. Und die Fremden hohnlachen, ihre Rosse waden in unserm Blut, und ihre Räder gehen über unsre Knochen. Hört Er's krachen, Schelze? sieht Er's rot und langsam fließen in den Gräben, Schelze?«

»Ja, Herr,« grollte der Knecht von Amelungsborn, »wer von uns hat sie nicht liegen sehen? Habe ich sie nicht selber mit unterroden müssen? Mit den Ladestöcken auf dem Buckel haben sie uns an der Arbeit gefördert. Aber grade drum, Herr! Weshalb soll nicht unsereiner auch mit dem flachen Pallasch den verfluchten Bauerlümmel beim Vorspann und an der Leichenkuhle traktieren, wenn er's so gut haben kann? Dem Klosteramtmann von Amelungsborn mit dem Kolben in den Hintern, mit der Plempe über den Kopf und die Faust – wie er mir – das soll mir jetzt das rechte Fressen sein in der verhungerten, lustigen Zeit! Ein ehrlicher Soldatentod in diesen[49] Kriegestagen ist ein besser Labsal, als sich Tag für Tag zum Krüppel für den Misthaufen schlagen lassen. Der Herr Magister weiß es so gut wie ich, wie es hier in Amelungsborn zugeht, seit der Amtmann alleine Meister ist; aber vorhin ist dem Fasse der Boden ausgeschlagen worden. In dieser Nacht noch geht's unter das Volk, Herr Magister, und wenn's Glück gut ist, gibt's morgen auf dem Hofe wieder eine blutige Faust, aber meine ist's dann nicht mehr! Also, Herr, habe Er Mitleiden mit dem Wieschen und mir. Hier stehen wir – hier fließt die Weser auf dem Tische. Wo steht nun Seine Durchlaucht der Herzog, liebster, bester Herre? Da liegt Holzminden. Hier Polle. Ich meine, über Polle ist wohl für uns der gradeste Weg von Amelungsborn aus; aber es wird dem Wieschen und mir auch nicht auf einen Umweg zu dem guten Herzog Ferdinand ankommen.«

»Wir?« rief der Magister und ließ jetzo beide Arme von den Knieen schlaff am Leibe heruntersinken. »Wir? Das Mädchen will Er auch mit in den Krieg nehmen, Schelze? Menschenkind – Menschenkinder, seid Ihr denn ganz von Sinnen?«

»Da steht es ja, das Mädchen! Der Herr Magister kann es selber nach seiner Meinung fragen.«

»Wieschen? – Louisa? – Unglückskind – o Menschenkinder, Menschenkinder! So sprich doch, rede doch, sag doch dem Narren, daß du dich dazu nicht verführen lässest.«

»O Gott, Gott, Gott, was kann ich denn dazu?« schluchzte die jüngste Hausmagd der Frau Drostin von Amelungsborn. »In der Küche geht es mit uns ja eben so böse zu wie auf'm Hofe und in den Ställen. Die Herrschaften wissen ja da mit sich selber nicht ein und aus; und woran sollen sie denn auch ihre Bitternis auslassen als an dem, was ihnen zunächsten zur Hand ist. Gott sei's geschworen, ich wünsche ihnen nichts Schlimmeres, als was sie täglich schon auf dem Nacken haben; ich sehe es ja wohl ein, sie haben ihr Teil auf dem Nacken, aber die blauen[50] Mäler, die ich Ihm am Leibe vorweisen kann, die kann ich mir draußen als Soldatenfrau pläsierlicher holen, wie tausend andere, die hier und bei mir zu Hause durchgezogen sind auf dem Bagagewagen und in Sicherheit gesungen haben, wo wir mit gezausten Haaren und Kleidern ihnen nachgeheult haben. Da hat mein Heinrich doch nicht unrecht, liebster Herr Magister, und zumalen da wir ja auch dem guten Herrn Herzog Ferdinand zur Hülfe gehen wollen!«

»Und zumalen, da des Herrn Herzogen Durchlaucht das Wieschen schon kennen, und es eine alte Bekanntschaft von ihm ist und er ihm wohl aus guter Freundschaft und Mildtätigkeit zu einem sichern Platz in seinem Nachzug verhilft.«

»Er schwatzt und schwatzt und schwatzt, Schelze. Halte Er jetzo den Mund, Heinrich; und Sie, Wieschen, was schwatzt auch Sie? wie will Sie denn zu Seiner hochfürstlichen Gnaden Connaissance und in allergnädigste Connexion mit ihm gekommen sein?«

»Oh, das ist wohl an dem, Herr Magister, und da hat mein Heinrich auch nicht gelogen, Herr! und an dem Verhältnis ist der französische Herzog und Diebskönig und Räuberhauptmann, der schlechte Kerl, der Rischelljöh schuld. Der hat uns zusammengebracht, mich und den guten Herzog Ferdinand.«

»Dann erzähle Sie mir wenigstens das Genauere über diese Sache, welche ich wahrlich für's erste immer noch für eine Fabula, für ein geträumtes Märlein erachte.«

»Von meinen silbernen Schuhschnallen ist's hergekommen. Hat Er hier in Amelungsborn denn gar nichts davon vernommen, wie der Rischelljöh bei mir zu Hause gewirtschaftet hat, und wie auch ich arme Junge-Magd ihm meine Halsspange, von meiner seligen Mutter her, und meine Schuhschnallen habe abliefern müssen? Zu uns ins Halberstädtische schickte er seinen zweiten Spitzbubengeneral, seinen argen Sohn1, und es ist nachher an[51] den guten Herzog Ferdinand geschrieben worden, wie er in Person Haussuchung gehalten hat und keinen Silberlöffel im Schrank und keinen Patengulden in der Sparbüchse und keinen Kelch in der Kirche gelassen hat, und ich habe ihm mit allen andern Mädchen in unserm Dorfe und in der Stadt Halberstadt meine Halsspange und Schuhschnallen hergeben müssen in seinen Raubsack. Das ist im Jahr Achtundfünfzig gewesen, und dann ist der große Brand in unserm Dorfe gewesen, wo aber die Franzosen nicht schuld dran waren, sondern die Mutter Lages, und ich bin siebzehnjährig gewesen damals, und mein Vater ist mit mir nach der Weser, wo er einen Bruder in Minden gehabt hat; aber wir sind nicht hereingekommen in die Stadt. Der gute Herzog Ferdinand hat schon davor gelegen mit seinen Völkern und Kanonen und hat sie auch eingenommen und ist nach seiner Art viel zu gut gegen die fremden Schub- und Ruppsäcke gewesen. Aber mein Vater ist am Fieber am Wege liegengeblieben und gestorben; und mich hat der Herzog im Vorbeireiten nach Lübbeke bei ihm sitzen gefunden und seinen Schimmel angehalten und mich gefragt, wer ich wäre. Da habe ich ihm alles gesagt, und da hat er den Kopf geschüttelt und gesagt: Armes Ding! und hat in seine Tasche gegriffen und noch einmal ein betrübtes Gesicht gemacht und die Herren, die bei ihm gewesen sind, gefragt, wer von ihnen Geld bei sich hätte. Es hat keiner was gehabt, und da hat er sich diesen Knopf vom Rocke gerissen und ihn mir vom Pferd gegeben und gesagt: Den bringe mir nach Braunschweig auf das kleine Mosthaus, wenn wir zwei heil durch dieses Elend kommen!«

Und Wieschen griff ebenfalls unter ihren Rock in die Tasche im Unterrock und legte dem Magister Buchius auf seinen Tisch neben dem Kreidestrich, der die Weser bedeutete, den silbernen Knopf, welchen sich der weichherzige tapfere Kriegsfürst, weil er nichts anderes bei sich hatte, für die arme Magd am Wege[52] auf seinem Wege zu seiner nächsten Schlacht- und Siegesstatt bei Crefeld vom Rocke gerissen hatte.

Magister Buchius blickte mit flimmernden Augen von dem Knopf auf das Mädchen und wieder von dem Mädchen auf den Knopf: das war doch eine Rarität, wie er sie noch nicht in seinem Museo aufbewahrte!

»Das ist wahrlich eine seltene und köstliche Reliquie, die du seit dreien Jahren unter deiner Schürze verborgen trägst, Mädchen,« rief er. »Aber da solltest du auch besser dem lieben Gott und dem guten Fürsten trauen. Auf den Herrgott solltest du bauen, daß er euch, dem lieben Herzog und dir, heil aus den scheußlichen Zeiten und eurem Elend hilft, und nicht solltest du den unsinnigen Menschen da in seiner Tollwut bestärken. O Narre, Narre Schelze, Heinrich Schelze, so willst du dies kostbare Zeichen, daß in der Welt das Licht nimmer ganz in Greuel, Blut und Nacht verlischt, mißbrauchen? So willst du, weil du von einem geschlagenen Mann geschlagen worden bist, das Fatum in Mutwillen herausfordern und die Verantwortung dafür, was dieses gute Geschöpf durch der Könige Zwist und Zwietracht noch treffen mag, auf dich allein nehmen? Schelze, Schelze, ein Dummrian war Er meistens; doch nun hat Er die Absicht, ein Kujon dazu zu werden; und wenn es nicht anders sein kann, so habe Er seinen Willen und laufe Er meinswegen dem Unglück in den Rachen, ohne Gottes Hand hier bei uns andern in Geduld über sich walten zu lassen. Aber das Wieschen, das Mädchen, lässet Er in Amelungsborn, lässet es bei mir. Seine herzogliche Durchlaucht haben es nicht aufgefordert, ihm das edle Wahrzeichen von einem Bagagewagen hinzuhalten; nach Braunschweig ins Mosthaus oder in die Burg Dankwarderode soll es ihm das Zeichen zurückstellen, wenn der Herr aus der Höhe seinen Stab zwischen die Streiter geworfen hat. Jawohl, da hat Er mir die Weser auf den Tisch gemalt, Er Narre. Hier kommt der Franzmann von neuem[53] über den Solling und dringt auf Einbeck, hier streckt sich der Ith, und hier (der Magister setzte den hagern Zeigefinger fest auf eine ganz bestimmte Stelle seiner imaginären Landkarte) hier wird Er freilich in den allernächsten Tagen, ja morgen schon den Herzog Ferdinand treffen, wenn der noch einmal seine Vaterstadt und seines Herrn Bruders Residenz vor dem Marschall von Broglio schirmen will. Halte Er sich ja nicht länger auf bei uns, Schelze, folge Er nur seinem Grimmbrägen und vertausche Er den Stab seines geplagten und Ihm von Gott vorgesetzten Brotherrn mit der Fuchtel des nächsten welschen, englischen oder hannöverschen Feldwebels; aber das Mädchen, das Wieschen, gibt Ihm nicht seine Ehre und Scham mit in die Rappuse und auf den Feldwagen. Es hält aus mit dem alten Magister Buchius und bei ihm, und es gehet nur mit ihm von Kloster Amelungsborn. Wahrlich, wahrlich es ist schon mehr denn genug hin und her geflüchtet durch das Land vor dieser Kriegesnot. Da, Kind, nimm dein teures Pfand in der Hoffnung, daß wir noch einmal andere Zeiten sehen werden, zurück, und bewahre es wohl. Er aber, Schelze, was drehet Er die Pudelmütze in den Fäusten, gehe Er doch, hole Er sich doch bei den nächstbesten Vorposten die nächstbeste Kokarde dran. Mit dem offenen Licht im Stall war Er noch obendrein im Unrecht vor Seinem jetzigen Brodherrn; aber das ist einerlei, marschiere Er, mache Er die Türe hinter sich zu. Über das Odfeld, am bösen Hagen her, gehet Sein Weg. Der da hat in Westfalen mit gefressen an Seinesgleichen und ist auf neuen Fraß ausgezogen jetzt zwischen der Weser und dem Harz. Nicht wahr, Alter?«

»Krah!« sagte der Kämpfer aus der Rabenschlacht über dem Wodansfelde unter dem Tische des Magisters hervor.

»Wenn sein Flügel heil ist, schicke ich ihn wieder zum Fenster hinaus, Schelze,« rief der Magister Buchius. »Wer weiß, ob ihr zwei nicht noch einmal eure Bekanntschaft von heute abend[54] verneuert? Ja, schlage nur mit dem heilen Fittich, schwarzer Vielfraß. Es ist eine nahrhafte Zeit für dich und deine Kameraden von beiden Parteien, und frisches Futter wird jeden Tag zugeschnitten.«

»O du barmherziger Herr und Heiland, Heinrich?!« jammerte die junge Magd, mit beiden Händen den Schatz am Arme packend. »Hörst du denn dieses, vernimmst du denn dieses und gehst nicht in dich? gehst noch immer nicht in dich! O Herr Magister, Herr Magister, das Aas, das Aas! das Vieh, das Vieh! wie es uns ansieht! Gleich möchte es uns nach den Augen hacken! O lieber doch hier im Kloster in den Teich, als auf dem freien Felde dem schwarzen Greuel da anbefohlen!«

Das Mädchen fuhr in die fernste Ecke der Zelle zurück, als grade jetzt der schwarze Vogel auf es zuhüpfte; aber auch der Knecht Schelze wich rückwärts, als das Tier sich von seinem Schatz zu ihm selber wandte.

Er ließ die Pudelmütze aus den tapfern Händen fallen und brummte:

»Gottsackerment, das Beest, das Aas!«

Er sah beinahe zum Lachen aus mit seinem plötzlichen Grauen und Schauder, und plötzlich griff er seine Kappe mit einem schnellen, scheuen Griff unter dem Schnabel des Raben weg und auf und stotterte:

»Nu, denn nichts für ungut, Herr Magister, von wegen der Störung. Wenn Sie dann meinen, Herre, so kann man sich's ja auch wohl noch eine Zeit lang überlegen. Und wenn das Wieschen meint, sie hält's noch aus mit ihrer Frauen, nu, so will ich auch meinen Puckel für diesmal noch dem Herrn Klosteramtmann zu seinem Belieben hinhalten. Also will ich weiter nichts gesagt haben, und der Strich da auf'm Tische soll meinswegen noch nichts gelten. Aber der Herr Magister müssen mir eines versprechen, nämlich, daß Sie mit dem Wieschen auch mich wütigen Satan nicht verlassen wollen mit Ihrem[55] Rat und Beistand, wann's wieder zum Schlimmsten in Kloster Amelungsborn geht.«

»Ich?« rief der alte, als fünftes Rad am Wagen in Amelungsborn verbliebene Gelehrte. Doch sich fassend rief er auch: »O Gott, ja, ja, – so weit es reicht, so weit es reicht! ja, ja!«

»Nu, denn wollen wir den Herrn Magister auch nicht länger von seinem Abendbrot abhalten. Komm, Wieschen.«

Die Junge-Magd setzte, laut, aber froh weinend, dem überflüssigen letzten Schulmeister von Amelungsborn einen Knix hin.

»Ich bedanke mich auch recht schön bei Ihm, Herr Magister.«

1

Mr. le marquis le Voyer d'Argenson.

Quelle:
Wilhelm Raabe: Sämtliche Werke, 3 Serien, 18 Bände, 3.Serie, Band 4, Berlin o. J. [1916], S. 46-56.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Das Odfeld
Das Odfeld
Das Odfeld
Sämtliche Werke: Raabe, Wilhelm, Bd.17 : Das Odfeld; Der Lar: Bd 17 (Raabe, Samtliche Werke)
Das Odfeld
Das Odfeld: Eine Erzählung

Buchempfehlung

Diderot, Denis

Rameaus Neffe

Rameaus Neffe

In einem belebten Café plaudert der Neffe des bekannten Komponisten Rameau mit dem Erzähler über die unauflösliche Widersprüchlichkeit von Individuum und Gesellschaft, von Kunst und Moral. Der Text erschien zuerst 1805 in der deutschen Übersetzung von Goethe, das französische Original galt lange als verschollen, bis es 1891 - 130 Jahre nach seiner Entstehung - durch Zufall in einem Pariser Antiquariat entdeckt wurde.

74 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon