Dritter Auftritt


[273] Verwandlung.

Auf dem Rücken einer Alpe, mit der Aussicht auf ferne Gletscher, in der Mitte ein sich bewegender Bergstrom. Der Horizont finster umwölkt. Rechts ein hohes Bauernhaus, Gluthahn gehörend, links eine arme Hütte, neben derselben sprudelt eine Quelle in ein natürliches Becken. Gluthahn kommt erzürnt und erhitzt. Er ist ein alter, heuchlerischer, mißgünstiger, höhnender, gemeiner Schurke.


GLUTHAHN.


Lied.


Das ist ein schlechtes Gsind

Im Rattental da hint.

Der Bauer Michael Stier

Kommt vor ein Jahr zu mir,

Weint wie ein altes Weib

Und geht mir nicht vom Leib.

»Mein lieber Nachbar Glut,

Ich bitt Euch, seid so gut

Und zahlt mir auf mein Haus

Fünfhundert Taler aus.«


Heuchelnd.


Und ich, ich guter Narr,

Mein Herz, das ist halt wahr,

Das findt man nimmermehr,

Ich bin so dumm, gib s' her.

Ich führ ihn an mein Tisch,

Wir schreiben einen Wisch:

»Fünfhundert Taler bar

Gib ich dir auf ein Jahr,[273]

Und daß ich dich nicht druck,

So zahlst mir achte zruck.«

Wo ist das Jahr schon hin?

Was ich schon glaufen bin,

Was ich schon schrei und schelt,

Ich komm nicht zu mein Geld.

A Zeitlang war er krank,

Der Teuxel weiß ihms Dank!

Jetzt ist er wieder gsund

Und zahlt mich nicht, der Hund.

Mit ihm red ich noch gern,

Ihm zeig ich doch ein Herrn,

Doch ist sein Weib zu Haus,

Die lacht mich noch brav aus.


Pfui, – das sind undankbare Leut, nicht einmal pfänden wollen sie sich lassen. Gluthahn, wie wirst jetzt das Geld ersetzen? Ich schmierete gern einen andern wieder an, aber ich brings nicht übers Herz. Ich bin zu gut. Aber mir soll noch einer kommen und ein Geld begehrn! Da grab ich eh meine Taler siebentausend Klafter tief in d' Erden ein und zund mein Haus an all vier Ecken an, eh ich ein Silbergroschen eim auf fünfzig Schritt nur zeig. Einen eignen Hund richt ich mir ab, daß er s' vom Haus weghetzt. Ich muß anders werden, ich bin alls zu gut. – Wo ist denn nur das Weib schon wieder? Trautel, hörst denn nicht?


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 273-274.
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