An die Feinde des Königs

[23] 1760.


Wie lange schwingt die rasende Megäre

Die Fackel? Götter dieser Welt,

Warum verfolgt ihr ihn, zu seiner eignen Ehre,

Den unbezwungnen Held?
[24]

Ists möglich? machen euch so viel Gefahren,

Mit welchen ihr ihn ringen saht,

So viele Kronen, die mit Blut zu kaufen waren,

So manche Götterthat,


So manch von ihm zertretnes Ungeheuer

Nicht wieder zur Versöhnung Lust?

So lange loderte der Rache schwarzes Feuer

In keines Gottes Brust.


Als Herkuls Arm den Löwen erst erdrückte,

Der in Nemäens Felsen lag,

Und, mit der Panzerhaut bedeckt, sein Rachschwerdt zückte,

Und schnell, und Schlag auf Schlag,
[25]

Der Hydra, die ihn zu ermüden wagte,

Ihr immerwachsend Leben nahm,

Obgleich die Fersen ihm ein kriechend Seethier nagte,

Das gieng und wiederkam;


Und dann die falsche Brut der Stymphaliden,

Die wild aus ehrnen Schnäbeln schrien,

Mit ehrnen Klauen raubten, und den Kampf vermieden,

Aus Sumpf und Busch zu ziehn


Ein Mittel traf; (denn diese zu erlegen,

War nur ein Spiel für Herkuls Hand;)

Und drauf aus Thrazien die Rosse, die den Segen

Der Felder weggebrannt,
[26]

Und flammenathmend in die Hütten drangen,

Und ihren Schlund, das offne Grab,

Mit Menschen fülleten, lebendig aufgefangen

Dem wilde Viche gab:


Da sank der Zorn der reuerfüllten Götter;

Und Juno, frey von Rachbegier,

Brach aus: Sohn Jupiters, der Sterblichen Erretter,

O! mehr ein Gott, als wir!


Geneuss, geneuss der Ruh, die dir entzogen,

Seit ich diess Feuer angefacht,

Und alle Himmlischen, durch meine Wut betrogen,

Auf dich entbrannt gemacht!
[27]

Geneuss der Opfer, die von beiden Enden

Der Erde, künftig jedermann

Dir bringen wird, nicht uns! und nimm von meinen Händen

Den ersten Nektar an.


Quelle:
Karl Wilhelm Ramler: Oden, Berlin 21768, S. 23-28.
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Oden
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