15. De Gedanken tau Pird

[49] »Süh dor, süh dor! Gu'n Dag, Herr Bank!«

Röppt Pächter Banken tau Notorjus Klein,

»Ick heww Sei doch ok gor tau lang'

Bi uns hir nich in Wohren seihn.

Sei maken sick ok gor tau ror!«

»Wat sall ein maken, Herr Notor,

In'n Frühjohr hadd'ck so'n slimmen Haust,

Un nu bün'ck midden in den Aust;

Sei künn'n sick äwer seihn ens laten.«

»Ih, dat wir eben grad nich dull.

Doch äwerst, wat ick seggen wull –

Heww'n Sei all düchtig Häuner schaten?«

»Rabbhäuner? Ne! Nich äwer Johr.«

»Denn sünd de Dinger woll sihr ror?«

»Ih, Gott bewohre! Haun bi Haun!

Ick heww man likerst vel tau dauhn,

Dat ick nich recht afkamen kann.«

»Na, hüren S', Herr Bank, dormit Sei't weiten:

So mäglich, in de negsten Dagen,

Denn kik'ck en beten bi Sei an;

Min grötst Vergnäugen is dat Scheiten

Un denn vör all'n up Häuner jagen.«

»Na, dat's en Wurt un is gewiß!

Un wat dor denn von Häuner is,[49]

Dat will'n wi all denn kappenieren,

Un nahsten will'n wi s' ok probieren.«


Na, dat is gaud! Geseggt, gescheihn!

Nah fiw, söß Dag' makt sick Notorjus Klein

Nu up den Weg un hen nah Banken.

As hei nu führt de Drift entlanken,

Wo ein dat Dörp all seihen kann,

Dunn süht hei ok den Pächter all von widen

Up sinen witten Schimmel riden,

Un durt nich lang', dunn kümmt de Oll heran.

»Gu'n Dag! Na, dat is recht, oll Fründ,

Dat Ji mi Wurd doch hollen hewwt.

Nu führt man sachten tau; wi sünd

Hir man noch bi en lütt Geschäft;

Ick lat hir achter Gasten binnen

Un ward mi glik tau Hus infinnen.«

»Na, wenn't mi man tau lang' nich durt«,

Seggt de Notor un führt nu sachten furt.

Un Bank, de giwwt den Schimmel nu de Spurn

Un jagt irst achter'n hogen Durn,

As Klein em nich mihr seihen kunn,

Dunn achter'n Barg, dunn achter'n Busch herun

Un endlich nah den Hof herup.

Hir makt hei fix de Stalldör up

Un jagt den Schimmel dor herin,

Löppt d'rup tau Hus nah sine Fru

Un röppt ehr tau: »Rasch, Mutter, fixing nu!

Sett all so'n Kram hir vör min Bedd,

Dat't so as bi en Kranken lett,

As leg ick krank hir all sid Dagen,

Lat allerlei herinner dragen,

Un fröggt hir wer, denn möst du seggen,

Dat ick all lang' bün dodenskrank.«

Un dormit treckt sick ut uns' Bank

Un deiht sick in dat Bedd 'rin leggen.[50]

Üm sinen Kopp ward hei en Dauk sick binnen,

Un all de Buddel, de sin Fru kann finnen,

De warden vör sin Bedd henstellt,

So dat em jeder för en Kranken höllt.


Kum is dat farig, kum is dat gescheihn,

Dunn kümmt denn min Notorjus Klein.

»Gu'n Morgen, Madam Banken, guten Morgen!

De Oll hett wat noch tau besorgen,

Hei's noch en beten 'rut tau Fellen

Un süht dor noch nah sinen Gasten,

Doch säd hei mi, hei wull sick hasten,

Ick süll dat Frühstück man bestellen.«

»Min Mann? – Wo? Reden Sei von minen Mann?«


»Ja woll! Von weckern süs?«

»Ih, Herr Notor, ick glöw, Sei spaßen man.

Woll sid en fiw, söß Dagen is

Min Mann all elend dodenskrank.

Mit em is't gor tau slicht beschapen.«

»Wat! Wer is krank? Doch nich Herr Bank?

Den heww ick eben jo noch drapen.«

»Je, dat verstah ick nich! Sei känen sick äwertügen

Un säl'n em glik tau seihen krigen.

Hei is so krank, as einer warden kann.

Seih'n S' hir, hir liggt min arme Mann.«

»Ih wat! Wo's't mäglich! Wo kann dat gescheihn!«

Röppt ganz verdutzt Notorjus Klein,

»Kum vör 'ne halwe Stun'n, dor heww'n wi beid

Noch mitenanner spraken an de Scheid.

Sei reden jo up einen Schimmel.

Wo is dat mäglich? Gott in'n Himmel!«

»Ach Gott!« fängt Bank nu an tau stähnen

Un stamert just, as wiren sine Tähnen

Em eine Ehl tau lang in sinen Mund,

»Ach Gott! Ick woll, ick wir gesund[51]

Un künn en beten 'rümmer riden,

Anstatt hir so'ne Pin tau liden.

Ach, Mutting! Ick bün gor tau krank.«

»Ne, dit's doch dull, min leiw' Herr Bank.

Ick heww perßönlich mit Sei spraken

In eigene Persönlichkeit,

Sei deden mi noch äwerstraken

Un säden noch, dat Sei dat freut,

Dat ick dat höll, wat ick verspraken.«

»Ih, Gott bewohr! Min leiw' Herr Klein,

Wat Sei dor hewwen rümmer riden seihn,

Dat müsten denn woll min Gedankenwesen.«

Na, nu fang't den'n Notorjus an tau gräsen.

Gedanken sünd all slimm, wenn sei ganz heimlich sünd,

Vör allen bi de Herrn Notoren,

Doch wenn ein sei all up de Landstrat findt

Trotz Polizei un trotz Schandoren

Un hoch tau Pird mit Ridpitsch un mit Sporen,

So as Herr Banken sin sünd rümmer reden,

Dor känen einen jo de Ahnmachten antreden.

So wat hadd nie hei seihn tau Wohren;

De Sak, de kunn hei doch nich trugen,

Em fung gefährlich an tau grugen.

»Na«, seggt hei, »denn, Herr Bank, adjüs!

Ick wünsch Sei gaude Beternis.«

Un dormit gung hei ut de Dör.

So korting würden em sin Hacken,

Em kamm dat justement so vör,

As würd oll Bank em up den Nacken hacken;

Un de oll Pächter, de was swer.

Fix stiggt hei 'rup nah sinen Wagen

Un lett den Kutscher vörwarts jagen.


Nu springt oll Bank ok ut dat Bedd,

Löppt an dat Finster. »Krischan, ledd

Den Schimmel glik mal vör de Dör!«[52]

Un Krischan ledd't den Schimmel vör.

Un Bank, de spaud't sick, wat hei kann,

Un treckt sick de Kledaschen wedder an,

Langt sick de Pitsch, set't sick den Strohhaut up,

Drinkt irst noch einen lütten Kümmel

Un springt up sinen Schimmel 'rup.

Un heidi! vörwarts geiht de Schimmel.

Gestreckten Galopp klabastert de Racker

Irst run von den Hof, dunn äwer den Acker

Un, all wat hei kann, hen nah de Scheid,

Wo sei sick irsten drapen beid.


Ok uns' Notorjus, den hüt dat Besäuken

So dull verled't is, führt en Draf,

Dormit hei kümmt man von de Feldscheid 'raf,

Wo't an den hellen Dag ded späuken.

Doch kum was up dat olle Flag hei kamen,

Dunn dröppt hei ok mit Banken dor tausamen.

De Kutscher, de den Ollen ward gewohr,

De dreiht sick üm un seggt:

»Oh, seihn S' doch mal! Sei säden, Herr Notor,

Herr Bank, de hadd tau Bedd sick leggt

Un leg tau Hus so dodenskrank,

Dor ritt hei jo de Hocken lang.

Ick seih an em kein Krankheit nich,

Hei is jo ganz gesund up Stun'ns.«

»Swig still«, seggt Klein, »dat is hei nich!

Bed leiwersten en Vateruns'.

Kihr di an nicks und jag' de Drift entlanken,

Dat sünd all wedder sin Gedanken.«

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 2, Rostock 1967, S. 49-53.
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