2.

[151] Junker Korl, de würd nu gröter,

As en groten Kirl all let'e,

Äwerst dumm was hei man blewen,

Dämlich was hei äwerdrewen;

Den Papa taum Schawernack

Ded hei männ'gen dummen Snack.


Un de gned'ge Herr von Degen

Müßt sick ümmer sihr von wegen

Sine Dämlichkeit schanieren,

Let em nich mihr mit sick führen,

Wenn hei utwarts beden wir.

»Karl, mein Sohn, du bleibst heut hier.«


Bi de gned'ge Fru von Degen

Würd de Mutterschaft sick rögen;

Sei müßt äwer ehren armen,[151]

Säuten Körling sick erbarmen.

»Wie die Väter hart doch sind!

Oh, mon cher, nimm mit das Kind!«


Korl, de kreg nu Äwerwater,

Rohrte as en Bröllenkater,

As wenn hei up't Spitt ded steken,

Ded ok allens Gauds verspreken:

»Will mi duken as en Hauhn,

Will ok nich dat Mul updauhn.«


Na, genaug, de Herr von Degen

Hett nich sinen Willen kregen,

Korlen würd en reinen Kragen

Un 'ne reine Büx antagen

Un dat Hor em rutemutzt

Un de Näs' em sauber putzt.


As nu allens in Ordnung schön,

Reis't de Vader mit den Sähn,

Un Papa, de säd: »Mein Söhnchen,

Nun schweig heut auch still recht schönchen,

Gar kein Sterbenswörtchen sprich!

Schweigen, das verrät dich nich.«


Bald sünd sei nu bi dat Eten.

Korl hett mang twei Damen seten,

Recht so'n por lütt drift'ge Dirns,

Recht so'n Heweltaschen wiren s',

Wiren ut 'ne grote Stadt,

Redten glik von dit un dat;


Von Theater, Ball un Weder,

Von de Lust in grote Städer.

Fang'n ok an mit Korl tau reden.

Korl denkt: Lat't mi man taufreden![152]

Antwurt' drup nich Swart noch Witt,

Vader nimmt em süs nich mit.


As de beiden lütten Damen

Gor kein Wurd von em vernamen,

Deiht de ein sick rümmer bücken

Achter Korlen sinen Rüggen.

»Nein, Sophie, der Mensch ist stumm,

Oder er ist schrecklich dumm.«


Dat's man schön, denkt Korl von Degen,

Dat sei't endlich ruter kregen.

»Ne, Papa«, röppt hei ganz lud,

»Mit dat Swigen is dat ut;

Denn dat Frölen rechtsch hir weit

Ganz genau von mi Bescheid.«

Quelle:
Fritz Reuter: Gesammelte Werke und Briefe, Band 2, Rostock 1967, S. 151-153.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Jean Paul

Titan

Titan

Bereits 1792 beginnt Jean Paul die Arbeit an dem von ihm selbst als seinen »Kardinalroman« gesehenen »Titan« bis dieser schließlich 1800-1803 in vier Bänden erscheint und in strenger Anordnung den Werdegang des jungen Helden Albano de Cesara erzählt. Dabei prangert Jean Paul die Zuchtlosigkeit seiner Zeit an, wendet sich gegen Idealismus, Ästhetizismus und Pietismus gleichermaßen und fordert mit seinen Helden die Ausbildung »vielkräftiger«, statt »einkräftiger« Individuen.

546 Seiten, 18.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon