Letzter Abend

[521] (Aus dem Besitze Frau Nonnas)


Und Nacht und fernes Fahren; denn der Train

des ganzen Heeres zog am Park vorüber.

Er aber hob den Blick vom Clavecin

und spielte noch und sah zu ihr hinüber


beinah wie man in einen Spiegel schaut:

so sehr erfüllt von seinen jungen Zügen

und wissend, wie sie seine Trauer trügen,

schön und verführender bei jedem Laut.


Doch plötzlich wars, als ob sich das verwische:

sie stand wie mühsam in der Fensternische

und hielt des Herzens drängendes Geklopf.


Sein Spiel gab nach. Von draußen wehte Frische.

Und seltsam fremd stand auf dem Spiegeltische

der schwarze Tschako mit dem Totenkopf.

Quelle:
Rainer Maria Rilke: Sämtliche Werke. Band 1–6, Band 1, Wiesbaden und Frankfurt a.M. 1955–1966, S. 521.
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Neue Gedichte - Der Neuen Gedichte anderer Teil.
Insel Taschenbücher, Nr.49, Neue Gedichte