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[88] Wir werden mißachtet, so lang wir getrennt sind, wir, die Sekunden, und sind entschwunden, bevor ihr uns kennt. Wir tropfen zusammen zur Geltung Minute: Sechzig Geschwister von einem Blute.


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[88]

Zwanzigmal drei. Wir, die Familien, wir, die Minuten, spielen vorbei, tippen am Zeiger der Uhr, nippen vom Schlechten und Guten, nippen nur. – – Hörst du dein Herze schlagen? Bangst du? Leidest du Qual? Ho, wir können es tragen.

Und quellen zu Tal, zum ernsteren Bunde, zur Stunde.


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Zeigerrunden fristen wir Stunden. Glocke und Wächter grüßen und künden namhafte Geschlechter mit Ruf und Schlag. – Bewahr uns ein Lächeln; auch magst du uns hassen. Wir bächeln, wir bächeln unhaltbar, gelassen hinab zur Gemeinde, zum Tag.


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Aber uns Tage nenne Gewichte in der Schale Geschichte. – Bringt unser Schicksal dir Plage, leiht es dir trügerisch Ruh, – denke: auch wir fließen weiter, dem Stamme der Woche zu.


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Wir silbern euch Haare, wir mürben euch Knochen; ihr merkt es nicht. – Feste feiern wir Wochen, begeisterungsbare Feste, die nie zu vergessen. Sonne der Nacht zeigt wohl indessen achtmal uns neues Gesicht.

Strömen wir langsam zu Hauf. Monat, glückliches Volk, nimm uns auf!


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Zwölf an der Zahl und gleichen einander nie. – Lausche, ehe wir weichen, mahnender Melodie. Redet vom Schmelzen, vom Welken, redet von dem, was wahr. – Lausche! – Wir münden ins Jahr.


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Wir Jahre lichten die Schädel. Wir männern die Knaben. Wir weibern die Mädel. Wir lassen gebären, denn Kinder wollen wir haben, sich wachsend zu freuen am Frühling, an Ähren, am bunten Laub und am großen Schnee. – Wir brausen dahin, eine starke Armee. Wir sind das mächtige Heer der Zeit auf der maßlosen Straße von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 4: Erzählungen, Zürich 1994, S. 88-89.
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