Landflucht

[282] Fort vom Lande, aus dem engen

Städtchen in die Großstadt flieht der Geist,

Wo im Kampf der Mengen

Er zerreißt.

Dort, wo Puls und Uhr

Schneller ticken,

Wird er sich zusammenflicken,

Wenn er's erst versteht,

Daß die unbezwingliche Natur

Auch auf Radiowellen, Schienenspur

Und Propellerschwingen weitergeht.


Wenn ihm das gelingt,

Wenn er nicht darüber ganz verkommt,

Wenn ihm die Erkenntnis frommt,

Daß die Nachtigall genau so singt

Wie ein Spatz

Am Alexanderplatz, – – –

Ja, dann wird ihn wohl von Zeit zu Zeit[282]

Eine Sehnsucht wieder landwärts tragen

In die Enge, in die Einsamkeit. – –

Bis die simplen, friedlichen, gesunden

Bauern ihn nach Tagen

Oder Stunden

Wiederum verjagen;

In die große Stadt zurück.

Und dort wird er sagen:

Nur im Ruhelosen ruht das Glück.

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 282-283.
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