[Der Spiegel, der Kamm]

[77] Der Spiegel, der Kamm

Und der Schwamm

Und das weiße Handtuch an der Wand

Und ein Mann, der hinter dem Kleiderschrank stand,

Die warteten auf das schöne Mädchen

Käthchen.

Und endlich, endlich kam Käthchen gegangen.

Da küßte der Schwamm ihr Mund und Wangen,

Und sie küßte den Schwamm und beugte sich nieder

Und küßte das Handtuch und küßte es wieder.

Sie ließ sich von dem Spiegel umschmeicheln

Und von dem Kamme ihr Goldhaar streicheln.

Dann sagte sie allen recht schönen Dank.

Dann sah sie den Mann hinterm Kleiderschrank

Und rannte davon und schrie dabei:

»Zu Hilfe! Mörder!« und »Polizei!« – –

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Der Mensch glaubt über den Dingen zu stehen.

Hier war das Gegenteil deutlich zu sehen.

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 77.
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