Offener Antrag auf der Straße

[399] Ich habe einen Frisiersalon.

Komm mit. Dort wollen wir knutschen.

Ich wollte, ich wäre ein Malzbonbon

Und du, du würdest mich lutschen.


Wir geben dem Lehrbub den Nachmittag frei

Und schreiben »Geschlossen bis sieben«.

Ich habe Rotwein im Laden und drei

Dicke Roßhaarsäcke zum Lieben.


Ich werde dich unentgeltlich frisiern

Und dir die Nägel beschneiden.

Du brauchst dich gar nicht vor mir geniern,

Denn ich mag dicke Fraun leiden.


Ich habe auch Schwarzbrot und Butter und Quark

Und außerdem einen großen – –

Donnerwetter, sind deine Muskeln stark!

Du, zeig mal: Was hast du für Hosen?


Wenn du dann fortgehst, bedanke dich nicht,

Sondern halt es mit meinem Freund Franke.

Der sagt immer, wenn man vom lieben Gott spricht:

»Wem's gut geht, der sagt nicht danke.«

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 399.
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