Wer hat gewonnen?

[446] Weil du berühmt bist und mir Wahrheit sagst,

Zerschlag ich dir ein Stück von deinen Zähnen.

Nun du mich meidest und sogar verklagst,

Bitt ich dich um Verzeihung unter Tränen.


Du lächelst siegreich, läßt mich also leiden. – –

Ich werde reich und gut. Du wirst senil.

Ich frech. – Und wir versöhnen uns und meiden

Und plagen uns im wechselschroffen Spiel.


Doch immer ruhiger und mehr besonnen

Legt sich der Kampf. Die Wahrheit steht. Es fragt

Jeder von uns und jeder neu verzagt:

»Wer hat gewonnen?!«

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 446.
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