Vorbericht an den auffrichtigen Teutschen Leser.

Auffrichtiger und wohlgeneigter Leser.

[218] Es haben unsere Teutsche ein altes / zwar kurtzes / jedoch feines Sprichwort / welches heisset: Zusage machet Schuld. Und eben desselben erinnere ich mich zum Anfange dieses meines Vorberichtes gar billich.

Denn / als ich für etlichen Jahren mein Friedewünschendes Teutschland ließ heraußkommen / habe ich in desselben Vorbericht unseren redlichen Teutschen versprochen / daß / dafern der getreue Gott unser aller Gebet und Seufftzer in Gnaden erhören und unser liebes Vatterland mit dem hocherwünschetem / edlen Friede dermaleinst widrüm würde beseligen / so wolte auch ich das Friedejauchtzende Teutschland hervorgeben / und in einem solchem neuen Schauspiele / mit sonderbaren Lobliederen dem Allerhöhesten für seine vatterliche Güte hertzlich dancken.

Nun hätte ich / nach erhaltenem vielerwünschetem Friede / schon längst dieser meiner Verheissung nachgelebet / wenn ich nicht zu unterschiedlichen malen daran mercklich wäre verhindert worden. Und zwar /so hat mich erstlich die Unsicherheit / oder vielmehr die Ungewißheit des allgemeinen Friedens in Teutsch land sehr zu rücke gehalten / gestalt es denn auch mit demselben noch für weiniger Zeit nicht also beschaffen gewesen / daß Teutschland so gar freudig über seinen Friede hätte jauchtzen / oder sich deßwegen von Hertzen lustig machen können. Man betrachte doch nur den neuen Streit / welcher bald nach beschlossenem Frieden / zwischen den beyden[219] Hochfürstlichen Häuseren / als dem Churfürsten zu Brandenburg / und dem Hertzogen von Neuburg / sich angesponnen! auß welchem Füncklein gar leicht ein grosses / und dem gantzen Teutschen Reiche hochschädliches Feuer aufs neue hätte entstehen können / wenn selbiges nicht durch zu thun der höhesten Häubter und Friedeliebenden Gemühter / bey guter Zeit gestillet / und dessen aufgehende Flamme / ehe sie gar überhand genommen / klüglich wäre geleschet worden. Und lieber / was für einer beständigen Sicherheit deß Friedens hat sich Teutschland biß auff gegenwärtige Stunden doch wol zu rühmen? Man erkündige sich nur wegen dieser / etwas gefährlichen Frage / bey fürnehmen Staatsleuten; da wird man gewißlich Wunder über Wunder hören und vernehmen.

Ferner / so habe ich auch gegenwärtiges mein Friedejauchtzendes Teutschland nicht gerne wollen heraußgeben / ehe und bevor ich dasselbe auf der Schaubühnen öffentlich hätte vorgestellet oder sehen lassen / massen ich bereits von Herrn Andreas Gärtner /der auch mein Friedewünschendes zum ersten male in Hamburg / für etlichen Jahren hat gespielet / von Dantzig auß Schrifftlich bin ersuchet worden / ich doch dieses neue Schauspiel so lange mögte zurücke halten / biß er auf Hamburg käme / da er denn die Ehre zu haben verhoffte / selbiges ebenmäßig zum allerersten male auf die Schaubühne zu bringen / welchen Begehren ich auch dazumal statt gegeben / und diese meine Arbeit ihme zugefallen fast Jahr und Tag widrüm hinweg und zu rücke geleget habe. Ob nun wol zu Hamburg schon einige Zubereitung / dieses Schauspiel daselbst aufzuführen gemachet / ist auch das Spielhauß eine geraume Zeit für den Herrn Gartner ledig gehalten worden / so ist er doch mit seiner Gesellschafft nicht ankommen / was ihn nun hiezu verursachet / daß er seinem / schrifftlich gethanen[220] Versprechen nicht nachgelebet / davon kan ich zwar nichtes eigentliches / noch gewisses schreiben / das aber weiß ich wol / daß die Beföderung zum Drucke dieses meines Friedejauchtzenden Teutschlandes /länger als ein gantzes Jahr durch diesen Verzug und Außbleiben ist gehemmet und zurücke gehalten worden.

Was nun nach Verfliessung dieses / mir auch ferner von den jenigen wiederfahren / welche sich schon vorlängst erboten / dieses Wercklein zum Drucke zu beföderen / hernachmals aber anders gesinnet worden /davon wil ich zu diesem male / als da ich mich nohtwendig der Kürtze befleissigen muß / schweigen / soll aber an einem anderen Orte zu vieler Leute höhester Verwunderung von mir entdecket / und aller Welt /zwar nicht ohne sonderbare Ursache / kund gemachet werden.

Nach deme ich nun / auffrichtiger lieber Leser / dir etliche Zufälle zuverstehende gegeben / welche den öffentlichen Abdruck dieses meines Schauspieles bißhero gehindert / so erforderts nun ferner die Nohtwendigkeit / daß ich von der eigentlichen Beschaffenheit unseres Friedejauchtzenden Teutschlandes ein weinig mit dir rede / nicht so eben üm deinent willen / demnach ich wol weiß / daß du / der du selber teutsch und redlich bist / auch nicht anders / alß teutsch und redlich davon wirst urtheilen / sondern meinen Neidern /oder den jenigen zugefallen / welche gerne alles mügen tadlen / und doch selber etwas Gutes zu schreiben oder herauß zugeben / gantz und gar nichts taugen. Jch will aber anfänglich alle die jenige gebeten haben / welche etwan vermeinen / daß Schauspiele zuerfinden / aufzusetzen und vorzustellen eine so gar schlechte oder gemeine Sache sey / daß sie es doch nur mit einem eintzigem Aufzuge wollen versuchen /was[221] gilts ob sie nicht ein andermal / mit ihrem unzeitigen urtheilen zu rücke halten und diese müheselige Arbeit wol unangerühret werden bleiben lassen? Unterdessen ist es warlich eine gar geringe Kunst / anderer Leute Schrifften frech zu tadelen / bald hie / bald da ein Wörtlein auß selbigen wegzuklauben / alles zum ärgsten deuten / und doch selber nichts bessers oder nützlichers an den Tag bringen. Aber / wie könte man sonst wissen / daß solche Gesellen unverständige / grobe Neidhämel wären / wenn sie sich nicht /wie die Spitzmäuse / durch solches ihr eigenes Esel Geschrey selber verriehten? Sonderlich aber / können diese Leute durchauß nicht leyden / daß man die nackende Warheit rund und dürre herauß sage / schreibe oder singe / wie ich denn schon vorhin weiß / daß unser Naseweiser Meister Tadelgern mit meines Wahremundes harten Bußpredigten gar nicht zu frieden seyn wird / angesehen besagter Wahremund in denselben die Laster / welche leider in allen Ständen deß gantzen Teutschlandes mit Hauffen befindlich / zimlich scharff angegriffen / und so weinig der Geistlichen als Weltlichen hat verschonet. Aber / vermeinest du Splitterrichter / es sey den Geistlichen hierin zu viel geschehen? Ach nein! du bist weit betrogen: Wahremund schliesset sich selber nicht auß / jme ist nicht unbekant / daß er ja so wol / als andere seines Standes / menschlichen Fehlern und Gebrechen ist unterworffen / darüm begehret er sich auch allein nicht weiß zu brennen. Er läugnet zwar nicht / daß annoch /Gott lob / viel hocherfahrne / gelehrte / gewissenhaffte / und das falsche Christenthum unter uns außzurotten / oder vielmehr zu verbesseren / recht eiferige und sehr begierige Leute unter den Geistlichen werden gefunden; dagegen aber muß man auch gestehen / daß es leider! leider! mehr denn allzuwahr sey / daß etliche unter ihnen dem verfluchten Geitze /[222] etliche dem Sauffen / Schwelgen und Müssiggange / etliche dem ungeistlichen Weltleben dergestalt sind ergeben und zugethan / daß sie schwerlich von den Gottlosesten Leuten / ja den allertollesten Welthümmelen können unterschieden werden / es wäre denn / daß man gleichwol ihre Geistlichkeit nur in langen Röcken und Mäntelen wolte suchen und durch solche Kleidung ihr böses / sündhafftes Wesen und Schalckheit zudecken und verhälen. Aber / was bedarff es doch viel ümschweiffens oder heuchlens? Es finden sich unter den Herren Geistlichen ja solche Haderkatzen / solche neidische / mißgönstige und tadelsüchtige Zäncker / daß mancher grosse Ursache hat / sich mit mehrerem Fleisse für ihrer Feindschafft / als dem Schlagen eines hitzigem Pferdes / oder dem Beissen eines grimmigen Hundes zu hüten: Jch für meine Person / kan hievon so klärlich zeugen / als einiger Mensch unter dem Himmel: Meine is grösseste und hefftigste Verfolgung habe ich gantz unverschuldeter Weise von den Geistlichen müssen erleiden; Aber / Gott sey ewig Lob /nicht von solchen Geistlichen / welche ihres Gottseligen Lebens und Wandels / hohen Verstandes und Geschickligkeit / wolverdienten Fleisses / und der Kirchen Gottes zu gute / angewendeten / nützlichen Arbeit / auch anderer fürtrefflichen Eigenschafften halben bey allen tugendliebenden hochgeehret / gerühmet und geliebet werden. Nein traun: Solche redliche Leute haben mir alle Ehre / Liebe / Treue und Freundschafft erwiesen / wie solches / Gott lob / weltkündig; Sondern / alle meine Wiederwärtigkeiten / Verläumbdung und heimliche Nachstellungen sind mir von solchen Priesteren herkommen / welcher grösseste Kunst ist / daß sie einen Sermon / den sie durch Hülffe einer Postillen außwendig gelernet / ohne Geist und Erbauung daher schwatzen /[223] bißweiln auch wol etliche Predigten außschreiben / und dieselben unter ihrem Nahmen drücken lassen / damit es heissen müge: Sie haben gleichwol auch Bücher gemachet / ihre übrige Zeit aber / entweder mit wucheren und geldsamlen /oder schwärmen / sauffen und müssiggehen zu bringen / ja / von solchen Geistlichen / welche offt besser geschicket sind / arme / unschuldige Weiber / welche sie Hexen nennen / an die Folter werffen zu lassen / ja sich grausamer als die Hencker gegen ihnen zuerweisen / von solchen Geistlichen / welche / demnach die rechte grobe Jdioten / und zu keiner eintzigen nützlichen Verrichtung oder Arbeit geschicket sind / für tollem Eifer gleichsam brennen / ja für neidischer Mißgunst ihr eigenes / vergalletes Hertz fressen / wenn sie sehen / daß andere von dem grundgütigen Gott mit einem Pfündlein auß lauter Gnaden sind begabt / welches sie billich zu des Allerhöchsten Ehren / Erbauung seiner Kirchen / Aufmunterung vieler Christlichen Hertzen / und ihnen selbst zu erwerbung eines rühmlichen Namens anlegen; da stehen sie alsdenn und spitzen die Ohren / wie deß Biliams Leibroß /rümpfen die Nasen / wie die Affen / schüttlen die krausen Haare / wie die / vom schwimmen ermüdete Wasserhunde / ja / da setzen sie sich dann in solcher Boßheit hin / schmieren heimlich Ehrendiebische Paßquillen und Lügenbriefe zusammen / schmähen und verläumden ihren wolverdienten Nechsten hinter Rückens / und machen es also / daß hernachmalen /wenn ihre schöne Stücke und Tücke offenbar werden /und offt wunderlich / zu ihrer äussersten Schmache und ewigen Schande / an den Tag kommen / sie recht wie die alten Weiber / mit Vergiessung der Thränen /solche ihre begangene Bubenstücke bereuen / bald darauf dem armen Altelander Teufel die Schuld zumessen / sich höchlich beklagend / daß sie von demselben zu solchen leichtfertigen[224] Händelchen sind angereitzet und verführet worden. Sind mir aber das nicht schöne Fratres in Christo?

Jch meine ja / Wahremund habe sich noch viel zu sanfftmühtig / in Beschreibung ihres ungeistlichen Lebens / erwiesen / es könten aber mit der Zeit härtere Püffe erfolgen.

Solte nun auch ferner unter den Weltlichen sich jemand beklagen / daß vielbesagter Wahremund ihren Stand etwas zu scharff angegriffen / oder demselben auch zu nahe wäre getretten / derselbe beweise mir erstlich / daß ein eintziges Wort in diesem Auffzuge zufinden / welches wieder die Warheit lauffet? Dieweil er aber solches in Ewigkeit nicht wird thun können / so muß er auch ja billich deß Wahremundes Straffrede ungetadelt lassen / und nur frey herauß bekennen / daß unter der Fürsten und grosser Herren Bedienten / eben solche Ambtleute / Richter / Vögte /Verwalter / Schreiber / is und wie sie etwan mehr heissen / werden gefunden / gleich wie sie allhier von Wahremund sind abgemahlet / und warhafftig beschrieben worden.

Man ist in diesem Schauspiele nur bloß auf die Laster gangen / mit einer oder etlichen gewissen Personen hat man dieses falles gar nichts zu schaffen: wil aber einer oder der ander / das jenige / was allhier geschrieben stehet / auf sich ziehen / so kan zwar ein solches ihm nicht gewehret werden / unterdessen aber mag er dieses wol wissen / daß man gantz und gar nicht bedacht ist / mit ihme / welchen man auch vielleicht wol nicht einmahl kennet / deßwegen einen sonderlichen Krieg anzufangen.

Dafern nun aber jemanden sein böses Gewissen plaget oder drücket / der lasse sich den guten Raht unseres tapfferen und weltberühmten Philanders von Sittenwald / meines hochgeliebten Herrn Mitgesellschaffters / zubenamt deß Träumenden / den er in der Vorrede seines Sechsten / wunderlichen[225] und warhafften Gesichtes / Höllenkinder geheissen / (welches schöne und lehrreiche Gesicht / der liebe Philander /meiner weinigen Person in dem letzsten Abdrucke zugeeignet) hat auff gezeichnet / sehr fleissig anbefohlen seyn / und lese / was der Teutsche Mann mit folgenden Worten schreibet:

Jst einer Jrgend ohngefähr hie getroffen? Er schreibe es nicht dem armen Philander (oder Wahremund) zu / sondern sich selbst und seinem eigenem Willen und Wesen! Er schweige nur stille / und nehme sich dessen bey Leuten nichts an / so wird es ihme keiner an der Nasen ansehen. Und bald darnach:

Darüm / so jemand geschossen oder getroffen ist? Er lache mit / so achtet man sein nicht. Wann eine gantze Gesellschafft lachet / so kan man den Narren nicht wol finden. Oder wer sicherer gehen wil / der lasse ab vom Bösen / so ist er der is Züchtigung frey. Ein Schalck gewesen seyn / schadet nicht / wenn man nur aufhöret / weil noch Zeit ist. U. S. W.

Und eben diese Meinung hat es auch mit anderen Stands Personen und sonderlich mit dem Herrn Sausewind und dem Juncker Reinhart / wie denn durch den Ersten nur die Auffschneider / durch den letzsten aber / die Fuchsschwäntzer ins gemein / Niemand gleichwol absonderlich werden verstanden oder bezeichnet. Dafern sich nun (dieses alles ungeachtet) einer würde beklagen / daß man etwan ihn für den rechten Sausewind oder Juncker Reinhart halte / in deme man ihn durch diese Schauspieler ziemlich klar und deutlich vorbilde / der wird sich hiedurch selber entweder zum Lügner / oder zum Fuchsschwäntzer machen / dafür man ihn sonst vielleicht sobald nicht würde schelten därffen. Jm übrigen / bin ich der gäntzlichen Meynung / daß sehr viele Sausewinde hin ünd wieder in der Welt zu finden / unter welche ich die jenige Phantasten[226] unnd Sprachenverderber mit gutem Fuge mag rechnen / welche / unangesehen sie kaum in Franckreich oder Welschland gegücket / und den Grund selbiger Sprachen im weinigsten verstehen / gleichwol in ihren Gesprächen mit einem Hauffen fremder / außländischer Wörter / wie der Sausewind / Mars / Staatsmann und andere tolle Alamodisten in unserm Schauspiele thun / schier alle Augenblicke üm sich werffen / und unsere alleredelste /Teutsche Mutter und Heldensprache schändlich dadurch verunreinigen.

Unter die Sausewinde sind auch zu zehlen alle die Geckshäuser / welche auß eigenen Laßdunckel oder ingebildeter Hoffart sich für die jenige Leute außgeben / die sie doch in der Warheit nicht sind / auch in Ewigkeit nicht werden können / verläugnen wol dabenebenst ihre ehrliche Elteren und Geschlechte / veränderen ihren Namen / wollen mit Gewalt Rittere und Cavallire heissen / da sie doch nur arme elende Dorfteüfel sind / erdichten ihnen selber ansehnliche Wapen / machen falsche Briefe / Diplomata und Zeuchnissen / und damit sie ja sich trefflich mügen erheben / und groß machen / so verachten sie offt fürtreffliche und hochbegabte Leute / da doch dergleichen Sausewinde vielmals nicht würdig sind / daß sie solchen tapferen / gelehrten und hochverständigen Männern / welche sie dergestalt in ihrem Abwesen und hinterrückens schmähen / solten die Stifelen putzen.

Was sonst die beyde Zwischenspiele betrifft / so hat man in Auffsetzung derselben etlicher massen ein Absehen gehabt auf den Spanischen Don Kichote, in welchem gar artig-beschriebnem Büchlein viele wunderliche Fratzen und seltene Erfindunge / den allergrössesten Auffschneideren der Welt sehr dienlich /sind zulesen / wie man sich denn auch deß Frantzösischen Buches / welches Titul ist: Le Berger Extravagant,[227] oder der Närrische Schiffer / welchem unser verliebter Sausewind in vielen Dingen sich gantz gleich hält / etlicher massen hat bedienen wollen / gestalt solches die jenige / welchen obgemeldete Bücher bekant sind / leicht ersehen werden.

Es wird aber der auffrichtige Teutsche Leser freundlich gebeten / daß er sich an der ungewöhnlichen Art zu reden / welche in unseren Zwischenspielen vielleicht befindlich / ja nicht ärgeren / noch ein ungleiches Urtheil von derselben wolle fällen.

Es wird in den Schauspielen fürnemlich dieser Weltlauff nebenst ihren Sitten / Worten und Wercken außgedrucket / und den Zuseheren / Anhöreren und Lesern für gestellet / dabey nun muß man keine andere Art zu reden führen / als eben die jenige / welche bey solchen Personen / die auf dem is Spielplatz erscheinen / üblich. Zum Exempel: Wenn ein Niedersächsischer Baur mit der Hochteutschen Sprache bey uns kähme aufgezogen / würde es fürwar leiden seltzam klingen / noch viel närrischer aber würde ein solches Zwischenspiel den Zuschaueren fürkommen /darin man einen tollen / vollen Bauren und fluchenden Dreweß / als einen Andächtigen betenden und recht Gottseligen Christen aufführete / dann / was ein ruchloser Baur / wenn er zu Kriegeszeiten für seiner ordentlichen Landes Obrigkeit sich nichts hat zufürchten / sondern nach seinem eigenem Belieben mag hausen / dafern er dem Feinde und dessen Kriegesbedienten nur richtig die Contribution erleget / für eine wilde-Ehre und Gottvergessene Creatur sey / davon können wir / die wir auf dem Lande wohnen / und die Krieges Beschwerligkeiten selber ziemlich hart gefühlet haben / zum allerbesten Zeugnisse geben / also /daß der Bauren Gottlosigkeit in diesen Zwischenspielen noch gar zu gelinde ist fürgebildet. Ja / solte man ihre Leichtfertigkeit /[228] Morden / Rauben / und andere grausame Thaten / in welcher Verübung sie / in Zeiten deß Unfriedens / auch die Kriegsleute selber weit übertreffen haben / allhier recht abmahlen / es dörffte mancher darüber für Schrecken erstaunen.

Ja sprichstu: Deine Bauren gebrauchen sich gleichwol gar unhöflicher Reden / für welchen ehrbare Leute etwas Scham und Abscheu haben / könte man die nicht hinweg lassen / oder ein weinig subtiler beschneiden? Nein / vielgeliebter Leser: Was hat man doch von einem übelerzogenem / groben Tölpel und Baurflegel / von einer unflätigen und versoffenen Sau für Höflichkeit zuerwarten? Kan man auch Trauben lesen von den Dörnern / oder Feigen von den Disteln? der Vogel singet nicht anders / als wie ihm der Schnabel gewachsen. Wenn Sausewind auffschneidet / Juncker Reinhard Fuchsschwäntzet / Türcken und Tartern Gottslästerliche Wort außspeien / Mars und sein Wühterich mit Teuflen / Hageln und Donnern üm sich werffen / so redet ein jedweder / leider! also / wie es seine verfluchte Gewohnheit mit sich bringet / ist demnach der Verfasser solcher Schauspiele / wegen dieser bösen Art zu reden / eben so weinig zuschelten / so weinig man die Propheten und heilige Gottesmänner für straffwürdig kan außschreien / wenn sie die verdamte Reden / welche die Gottlosen in ihrem sündlichem Munde führen / und wol sagen dörffen: Es sey kein Gott. U.S.W. in heiliger Schrifft haben verzeichnet. Wir setzen in unseren Schauspielen nur das / was vielmals (Gott erbarme es!) unter den boßhafften Weltkindern vorgehet und getrieben wird /wollen aber unterdessen gantz und gar nicht / daß man demselben nachfolgen / sondern vielmehr das Widerspiel belieben / unnd an statt deß Heydnischen Gottslästerens / deß Martialischen Fluchens / deß Sausewindischen Lügens / deß Reinhartischen Heuchelns und Schmeichelns / wie auch der Bäurischen Grobheit / und Unflähterey / der wahren Gottesfurcht /[229] Gebetes / Warheit / Auffrichtigkeit und Höfligkeit in Worten / Wercken und Geberden / aller Mügligkeit nach sich soll befleissen.

Betreffend nun weiter die unterschiedliche Lieder /welche in diesem Friedejauchtzendem Teutschland zu finden / und mit guter Manier müssen gesungen und gespielet werden / so hoffe ich / daß selbige dem Kunstliebendem Leser nicht unangenehm fürkommen werden. Jch habe es schon an einem andern Orte erwähnet / daß meinem schlechten Bedüncken nach /die jenige Schauspiele zum allerbesten von statten gehen / welche in ungebundener Rede gesetzet / und mit anmühtigen Liederen außgezieret werden / da denn die Aenderung von einer Redensart zur andern /gleich wie in allen andern Dingen / also auch in diesem die beste Lust gebieret / zugeschweigen / daß die Schauspieler in ungebundener Rede viel besser fortkommen / und / wenn schon bißweilen ein kleiner Jrthum darin fürgehet / sie denselben doch gar leicht wieder können zu rechte bringen / wie ich es denn offtmahls für diesem / ja auch noch neulich bey den Brabändischen Schauspielern / welche allerhand Traur- und Freudenspiele in ihrer Muttersprache / und zwar alles Reimenweise / oder in gebundener Rede pflegen fürzustellen / habe bemercket / daß sie sehr offt und viel in ihrer Rede gefehlet / fürnemlich wenn ihnen etliche Verse oder Reimzeilen waren entfallen /wodurch sie so gar auß der Ordnung kamen / daß sie alles gantz jämmerlich zerstümmelt daher schwatzeten / und man nicht wissen könte / was ihre Gedichte /oder Geschichte (sonderlich wenn sie etwas fremde waren) solten bedeuten / dessen sie sich aber in ungebundener Rede so leicht nicht hätten dörfen befahren. Sonsten bin ich nicht in Abrede / daß auch die / nach Art der Jtaliäner / Gesangsweise gesezete Traur und Freudenspiele ihre sonderbahre Anmuhtigkeit haben /wie ich es denn selber mit[230] einer Biblischen Geschieht unlängst habe versuchet / hätte wol Lust / wenn ich bißweilen ein Stündlein müßiger Zeit übrig könte haben / mich ferner hierin zu üben.

Anlangend die Melodeien / mit welchen diese meine neue Lieder sind außgeputzet / hat dieselbe mein grosser / und an Sohnes statt geliebter Freund /Herr Michael Jakobi / bey der löblichen Stadt Lüneburg wolbestalter Cantor, ein Mann / der nicht nur in der Vocal- sondern auch Instrumental Music treflich ist beschlagen / und vielleicht weinigen seines gleichen Künstlern in denselben etwas bevor giebet /alle / jedoch nur mit einer Singstimme und dem GeneralBaß, meinem Begehren zu folge / gesetzet / wiewol man bey dem Eilften Liede zwo Diskante / bey dem letzten aber / vier Stimmen / zwey Trompetten sambt dem GeneralBaß sehr wol gemachet / wird finden. Ein Musikverständiger / der Lust dazu hat unnd sich nur so viel wil bemühen, / kan dieselbe alle gar leicht in Partitur bringen. Unterdessen halte sich der Musikliebende Leser versichert / daß / wenn diese Lieder von guten Discantisten oder Tenoristen / in eine Clavicimbel, Laute / Theorbe, Viole di Gamba, oder ein ander dergleichen Corpus fein deutlich / hell und lieblich mügen gesungen / das Lied aber der sieben Nympfen oder der Töchter der Prinzessin Batavia / fein wechselweise / bald mit Stimmen / und bald mit Violen di Gamba, endlich auch das Beschlußlied bey einem jeden Satze / wenn die ersten sechs Reimezeilen mit Stimmen gesungen / die folgende Tripel oder Rittornellen aber / auf unterschiedlichen Jnstrumenten / als Trompetten und Paucken / Geigen und Lauten / Pandorn und Harffen / Pfeiffen und Zincken / wol und mit Fleisse mügen gemachet und gespielet werden / viele Zuhörere zu guten und Christlichen Gedancken / sonderlich aber wegen deß / uns so gnädig[231] verliehenen /güldenen Friedens / GOtt / den getreuesten Liebhaber unsers Lebens / hertzinniglich zu loben und zu preisen / werden bewogen und angereitzet werden.

Zum Beschluß / Teutscher / auffrichtiger / und vielgeliebter Leser / ersuche ich dich hiemit zum allerfreundlichsten / du wollest üm das jenigen willen /was dir etwan in diesem Schauspiele mißgefällig fürkommen müchte / nicht also bald das gantze Werck verwerffen / noch den Verfasser desselben verdammen. Jch erbiete mich / daß / dafern man mir mit guten Gründen kan zeigen oder darthun / wie und welcher Gestalt desselben Mängel zuverbesseren sind / ich mich hertzlich gerne weisen lassen / und deiner Klugheit allein die Ehre geben wolle. Soltest du aber / teutschgesinneter Leser / so wol / als diejenige / welche täglich mit mir ümmegehen / die Vielfältigkeit meiner Geschäfte unnd Arbeit sehen und wissen / du würdest mir alle die Mängel und Gebrechen / welche etwan in meinen bißhero außgegangenen Büchern mügen gefunden werden / und wenn gleich derselben noch vielmehr wären / gar leicht und mit willigem Hertzen zu gute halten / und meiner Schwachheit / in Betrachtung so grosser Mühe und Arbeit / freundlich verzeihen.

Und ob nun schon dieses mein Schauspiel seine Fehler hat / wie ich denn solches zu läugnen nicht begehre / dieweil auf dem gantzen Erdboden nichts vollkommenes zu finden / so ist jedoch mein Zweck vielmehr zu loben / als zu schelten: Es ist ja dieses Wercklein Gott zu Ehren / seinem H(eiligen) Namen zu Lobe und Preise / den Frommen zur Lust und Lehre / den Gottlosen zur Warnung und Ermahnung /und denn endlich den Nachkommenden zum Unterricht und Zeugnisse von allen den grosse Wercken /die Gott an uns gethan / in deme er das höchstbedrängte / und gantzer dreissig Jahre hero äusserst geplagte Teutschland / aus dem grimmigem / bluttrieffendem[232] Kriege / in den alleredelsten / honigsüssen und güldnen Frieden / wider vieler tausend Menschen Glauben und Gedancken / hat versetzet / von mir zu Papier gebracht und zum Drucke übergeben worden. Gefält es dir / freundlicher lieber Leser / so dancke ich deiner Bescheidenheit / und erbiete mich zu mehreren dergleichen nützlichen Erfindungen. Kan aber dieses Schauspiel dich nicht vergnügen / in deme es dir etwan allzu Weltlich vorkomt / (da doch wenn du es nur recht ansihest und betrachtest / gar viele Christliche / hertzrührende / nützliche Ermahnunge und Betrachtung / darin verzeichnet zu finden) so nim zu besserer Befriedigung deines Gottliebenden Gemütes meine Geistliche Schrifften unnd Bücher zur Hand /wie du denn ehister Tagen zu den vorigen bereits an den Tag gegebenen / weiter auch meine Gottselige alltägliche Haußmusic / mit sehr lieblichen / gantz neuen / von dem hochberühmten Künstler Herrn Johan Schopen / wolgesetzten Melodeien außgezieret / solst zugewarten haben / worauff denn der ander Theil meiner Sabbattischen Seelen-lust / welcher die Lieder über die Fest-Evangelien begreiffet / wird folgen / und da es dem frommen und getreuen Gott also gefällig / mich bey Leben und Gesundheit noch eine kleine Zeit zu erhalten / werde ich der Kirchen Gottes auch meine Cathechismus-Lieder (zwar ein hochnötiges unnd nützliches Werck!) gantz gerne mittheilen /und dir im übrigen / Christlicher lieber Leser / alle mügliche angenehme Dienste / meiner Schuldigkeit nach / erweisen.

Nun hätte ich zwar in diesem Vorberichte noch viel ein mehreres zuerinneren / meine vielfältige Bemühungen aber / unter welchen ich bey dieser Zeit auch etliche sonderbahre Erfindungen[233] auf eim Hoch Fürstl(ichen) Fest unterthänigst aufzusetzen gnädigst bin befehlichet / heissen mich auf disesmal schliessen / dich aber / Teutschgesinnter / treugeliebter Leser / freundlichst und demühtigst ersuchen / daß du Gott für mich bitten / meiner allemal im besten gedencken / und mich dir / zeit deines Lebens / wollest anbefohlen seyn lassen / dagegen aber sicherlich glauben und gäntzlich dafür halten / daß ich mit meinem andächtigen treueiferigen Gebete / wolgemeinten Diensten und alle dem jenigen / was von einem rechtschaffenem Christlichen Gemühte kan und mag erfordert werden / dir gerne und willig an die Hand gehen /ja dein eigener seyn und bleiben wolle / so lange ich werde heissen / dein allergetreuester Diener


Der Rüstige.[234]


Quelle:
Johann Rist: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1972, S. 218-236.
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