Das Vier und zwantzigste Katechismuslied, Uber den Zwölften Artikul unseres Christlichen Glaubens:

Ich gläube ein ewiges Leben

[305] Dises kan gesungen werden nach der Melodie des seinen Liedes: Last uns Gottes Güte preisen, u.s.w.


1.

Mein Hertz hat Lust gewonnen,

Ein Lied zu stimmen an

Nicht etwan von der Sonnen,

Die zeitlich nützen kan:

Ach nein, es ist bereit

Die Sonne zu besingen,

Die Freüd' und Pracht wird bringen

Dort in der Ewigkeit.


2.

Laß' unser' Augen sehen

Das schönst' in diser Welt,

Laß unsre Zung' erhöhen,

Was Kaisern wol gefält,

Last allen Schmuk und Pracht

Auf einen Hauffen setzen:

Dis ist wie nichts zu schätzen

Für dem, was Gott gemacht.


3.

Beim Herren wird man spühren

Ein Leben ohne Klag'

Und herrlich triumphiren

Von aller Pein und Plag'.

Ey da wird Angst und Noht

Schon gäntzlich sein verschwunden,

Da ligen überwunden

Welt, Teufel, Höll' und Tod.


4.

Da darf man sich nicht sehnen

Wie hier nach einem Grab',

Es wird der Herr die Thränen

Mit Freüden wischen ab;

Da wird noch Leid noch Neid

Noch tausend andre Schmertzen

Bekümmern unsre Hertzen

Für solcher Herligkeit.
[305]

5.

Gott selbst wird unser Leben

Und wahre Freüde sein;

Ihn werden wir erheben

Mit höchster Lust allein,

Wen wir dem Wesen nach

Ihn werden recht erkennen,

In Seiner Libe brennen,

Ja froh sein tausendfach.


6.

Da wird der HERR uns kleiden

Mit Herligkeit so schön,

Das wir für grossen Freüden

Nicht mehr zurükke sehn

Auf das, was zeitlich war;

Dort wird man nicht mehr irren,

Dort wird uns nicht verwirren

Angst, Trübsahl und Gefahr.


7.

Im Essen, Trinken, Spielen

Sol zwahr ja nicht bestehn

Das, was der Schöpfer vielen

Wird lassen dort geschehn:

Ach nein! Das höchste Gut

Mit grosser Wonn' anblikken –

Das wird uns recht erquikken

Hertz, Leben, Seel' und Muht.


8.

O Gott, dein süsses Wesen,

Das in der Herligkeit

Uns ewig läst genesen,

Weis gahr von keinem Streit',

Es kennt kein Trauren mehr;

Die grosse LebensSonne

Schaft lauter Freüd' und Wonne,

Lust, Wolfahrt, Sieg und Ehr'.


9.

Hinweg mit allen Schätzen

In diser eitlen Welt;

Gold kan uns nicht ergetzen,

Wen uns der Würger fellt;

Dort aber ist man reich,

Dort kan man edle Gaben,

Welch' ewig währen, haben

Und herschen noch zugleich.


10.

Wer wird doch ferner preisen

Des Höchsten Gnadenlohn?

Wer kan uns das recht weisen,

Wie man die schönste Krohn'

Uns dort wird theilen zu,

Wo wir mit Gott regiren

Und solch ein Leben führen,

Das Reich von Fried' und Ruh'?


11.

O libliches Vertrauen

Mit Gott in Ewigkeit!

O seliges anschauen

Der Zeit ohn' alle Zeit!

O Jauchtzen immerdar!

O reden mit den Geistern,

Propheten, Vätern, Meistern

Und gantzen Himmels Schaar!


12.

Ade, du zeitlichs Leben,

Ich eil' ins Freüdenland,

So bald ich nur gegeben

Den Geist in Gottes Hand.

Ade, Welt, Ehr' und Pracht:

Auf dich wil ich nicht hoffen,

Den Himmel seh' ich offen;

Nun, Sterben, guhte Nacht!


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 305-306.
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