|
[268] Zu Gott, dem heiligen Geiste, üm Seine gnädige Unterweisung.
1.
O süsser Trost von oben,
O Heilig guhter Geist,
Du bist es, den wir loben
Und bitten allermeist,
Daß Er uns lehr' erkennen,
Was uns von Gott kan trennen,
Was Schand' und Laster heist.
2.
Es ist, Herr, unser trachten
Sehr böse von Natur,
So das wir das verachten,
Was dir gefällig nur,
Da wir doch solten leben
Fein sittsahm und nachstreben
Der edlen Tugend spuhr.
3.
Du hast getreüe Lehrer
Zwahr gnädig uns beschert,
Welch' uns als Ihre Hörer
Auch halten lib und wehrt:
Nichts aber hilft Ihr schreien,
Gibst du nicht das Gedeien,
So man von dir begehrt.
4.
Laß uns die Weißheit suchen,
Gib ein Gehohrsams Hertz,
Daß wir nicht denen fluchen,
Welch' uns ohn' allen Schertz
In deiner Furcht erziehen;
Laß uns für Ihr nicht fliehen
Und lauffen hinderwerts.
5.
An Alter, Weißheit, Gnade
Laß' uns, Herr, wachsen noch,
Damit uns nicht belade
Der Sünden schwehres Joch.
Laß uns die Thorheit hassen,
Kunst, Lehr' und Tugend fassen
Und lernen immer doch!
6.
Hilf du, der Weißheit Tempel,
Das uns verführe nicht
Ein ärgerlichs Exempel,
Daß Lehr' und Zucht zubricht.
Laß uns die Wollust zähmen
Und stets zu Hertzen nehmen
Der Frommen Schüler Pflicht.
7.
Ach Gott, laß unß auf Erden
Den Meistern in der Schul
Doch nicht undanckbahr werden,
Welch' auf der Weißheit Stuhl
Mit höchstem Fleiß' uns setzen,
Es dörft' uns sonst verletzen
Der Höllen Marterpfuhl.
8.
Laß' unser' Eltern sehen
An uns Ihr höchste Lust,
Worauß den kan entstehen
Viel Freüd' in Ihrer Brust:
So wollen wir dich preisen
Mit wundersüssen Weisen,
Welch' uns von dir bewust.
Buchempfehlung
Bereits 1792 beginnt Jean Paul die Arbeit an dem von ihm selbst als seinen »Kardinalroman« gesehenen »Titan« bis dieser schließlich 1800-1803 in vier Bänden erscheint und in strenger Anordnung den Werdegang des jungen Helden Albano de Cesara erzählt. Dabei prangert Jean Paul die Zuchtlosigkeit seiner Zeit an, wendet sich gegen Idealismus, Ästhetizismus und Pietismus gleichermaßen und fordert mit seinen Helden die Ausbildung »vielkräftiger«, statt »einkräftiger« Individuen.
546 Seiten, 18.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro