An Nicolaum Göttling

[171] Göttling, alter werter Freund, Stuben-, Tisch- und Bettgeselle,

An der Stelle,

Wo die Warnou sich ergeußt,

Da sie fleußt[171]

In das große Meer mit Freuden,

Sind wir beiden

Längst gewesen in der Lehr',

Aufzufassen Kunst und Ehr'.

Ach, wie gern hab' ichs gelesen,

Wo du nach der Zeit gewesen.

Magdeburg, dein Vaterland, das dir hat durch Gott gegeben

Dieses Leben,

Schickte dich auf Rostock hin,

Da dein Sinn

Wolte kaufen in der Jugend

Kunst und Tugend;

Damals war ich dein Gesell

An der edlen Weisheit Stell',

Als man lernen kont' in Frieden,

Bis der Krieg uns hat geschieden.

Rotenburg, die schöne Stadt, hat dir deinen Fleiß belohnet,

Da nun wohnet

Stürzel, der berühmte Mann,

Der da kan

Wol regieren, wol studieren,

Läßt auch spüren,

Daß er dir und mir ist hold;

Solches schätz' ich über Gold.

Nun, mein Bruder, kurz zu schreiben:

Rist sol sein und dein verbleiben.

Quelle:
Johann Rist: Dichtungen, Leipzig 1885, S. 171-172.
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