Vierte Scene.

[38] GHISMONDE.

Du mußt, du mußt! – – –

Trittst du mir in den Weg,

Wankende Gestalt,

Bleiche Königin?

Weh' über dich,

Es ist dein Tod!

Dein eigner Arzt

Soll dir das Gift

Im Morgentrunk reichen.


Was blickst du mich an

Mit brechendem Aug',

Was umweht mich kalt

Dein Todeshauch?

In die Erde hinunter! –

Mich läßt erbeben

Nicht Schrecken und Graus,

Die flackernde Kerze,

Dein zitterndes Leben

Ich lösche es aus! – – –

O Frieden, den ich einst genoß,

O sel'ge Ruh, die ich getrunken,[38]

O Himmelsthau, der auf mich niederfloß,

Du Klosterglück, in Nacht bist du versunken!

Eins strahlt mir nur durch's tiefe Dunkel:

Du goldner Reif, dein licht Gefunkel!

Wehe dir, Königin,

Es geht mein Weg

Ueber dich dahin!

Mich läßt erbeben

Nicht Schrecken und Graus,

Die flackernde Kerze,

Dein zitterndes Leben,

Ich lösche es aus!

Wehe dir, Königin,

Es geht mein Weg

Ueber dich dahin!


Quelle:
Carl Reinecke: König Manfred. Leipzig [o. J.], S. 38-39.
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