Fünfte Scene.

[39] MANFRED mit kriegerischem Gefolge.


Recitativ.


Die Reiter an den Ausgang dieses Thal's,

Die Schützen auf die Höh'n,

Die Sarazenen harren hier,

Ich führe sie und dräng' den Feind zur Ebene hinaus;

Dann erst, wenn mich die Reiter seh'n,

Wenn ich den Feind geworfen bis in's Freie,

Dann stürmen sie hervor, den Sieg verkündend.[39]

Fort, fort – so sei die Schlacht! –

Betäubung für mein Herz sei Sieg und Schlacht,

In meinem Innern tobt ein schlimmrer Kampf.

Jetzt weiß ich es, daß ich verblendet war.

Um eines Dämons trügrischen Schimmer

Hab' ich mein Weib verlassen.

Welch' ein Weib! so rein, so edel wie ein Engel!

Vergebung will ich mir erflehen zu ihren Füßen

Und sie retten, ja, sie erretten!


Denn ein drohend Gespenst, so seh' ich es schweben,

Es hebt seinen Arm, es will an ihr Leben,

Ich kenn' die Gestalt,

Eine finst're Gewalt

Ach, fesselte sie an mein Geschick.

Ha, Ghismonde!

Sieh' ihr Aug', es droht

Und was sie sinnt ist der Tod. – –


Nein, nein, es war ein Trugbild meiner Phantasie, das mich erschreckt.

Auf denn zum Kampf!

Er läut're mich durch Noth und durch Gefahr,

Ja, selbst den Tod, ich fürcht' ihn nicht!

Doch, schenkt mir Gott den Sieg,

Kann ich mich froh wie sonst der holden Gattin nahn? –[40]

O Siegesruf, wie schwellte mir einst

Die Brust dein wonniger Klang!

O Siegeslust, wie stürmte das Herz

Empor mit gewaltigem Drang.

Dann zog's mich zu dir, es trieb meinen Fuß

Zu dir, zu dir, Helene!

Wie war ich beglückt von deinem Gruß,

Mein Weib, mein trautes, Helene!

Und du reichtest den Mund zum Kusse mir dar

Und flochtest den Siegeskranz durch mein Haar,

Mein Glück, mein süßes, Helene!

Was hat den Sinn mir arg bethört,

Wie hab' ich selbst mein Glück zerstört!

Nur zur Verlornen stürmt das Herz

Mit gewaltigem Drang!

Heb' wieder mich zu dir empor,

Der ich in dir mich selbst verlor,

Mein Weib, mein trautes, Helene!


Quelle:
Carl Reinecke: König Manfred. Leipzig [o. J.], S. 39-41.
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