Das III. capitel.

Bröseldieb rümet sein geschlecht und weisheit.


Da fieng Bausback zu reden an

Und zu fragen den kleinen man:[13]

"Mein gast, weil ich durch meine leut

Die kundschaft erfur und bescheid,

Das du in mein reich werst ankommen,

Doch keiner feindschaft angenommen,

Hab ich mit bedacht von der straßen

Dich hie zu mir einladen lassen.

Du wirst aber berichten recht,

Was dein ankunft sei und geschlecht,

Wer dein vater und mutter sei.

Wenn ich die warheit spür dabei,

Das es richtige sachen sind,

Und dich wirdig zum freund befind,

Ich für dich mit mir heim zu haus,

Teil dir vil guter gaben aus,

Wie denn ein solcher wirt tun sol.

Ich bin reich und vermag es wol,

Ich bin könig Sehebold mit namen,

Die frösch in disem land alsamen

Müssen mich als ihren landesheren

Für und für untertenig eren.

Mein vater Dreckpatz hochgeboren

Erkant in lieb die auserkoren

Wasserfürstin frau Moriam,

Von der ich auf die welt erst kam.

Und zwar wenn ich auch recht betracht

Deine gestalt, manheit und macht,

Kans nicht wol feln, du bist ein her,

Dem vil tun königliche er,

Der sein scepter und krone hat,

Im krieg übt ritterliche tat.

Du wirst mir aber selbst erkleren,

Wofür man dein geschlecht sol eren."

Als das menlein von Bausback hort

So vil freundlicher erenwort,

Wuchs ihm das herz im leib so groß,

Das auch der bauch weiter auffloß;

Antwortet mit kurzem bedacht[14]

Dem könig auch in großer pracht:

"Das euer lieb aus hoher tugend

Sich erkleret gegn meine jugend

Zu großem geschenk, lieb und er,

Wo des mein geschlecht wirdig wer,

Das erkenn ich mit dankbarkeit,

Bins auch zu verdienen bereit.

Ich darf aber auf solche fragen

Kein zweifelhafte antwort sagen,

Denn mein geschlecht ist hochbeschreit

Bei menschen und bei der gotheit.

Die vogel, die am himmel schweben,

Solln davon red und antwort geben.

Her Bröseldieb nent man mich schon,

Bin könig Partekfressers son,

Mein frau mutter Leckmüll auch kam

Von könig Schinkenklaubers stam,

Die mich in unserm schloß gebar,

Welches gar ein heimlich meusloch war,

Und erzog mich mit guter speis,

Feigen und nüslein, bester weis,

Das ich über der meuse her

Nach meinem vater erbe wer;

Wie übr die meus im ganzen land

Jetzt herschet meines vaters hand.

Daran ist auch gar nichts gelogen,

Das ansehn hat euch nicht betrogen,

Das ich von got auch müste haben

Besonder statlich heldengaben.

Denn ich hab ein prophetengeist,

Denselben brauch ich allermeist,

Wenn ein altes haus wil einfallen,

Wander mit meinen freunden allen,

Oder wenn got ein haus strafen wil,

Mach ich mich hinaus in der stil.

Wie Johannes Euangelist[15]

Auch tat zu derselbigen frist:

Da der ketzer Cherint im bad

Vil lesterlicher speiwort hat

Von der ewigen gotteshand.

Johannes seine freund ermant,

Das sie mit ihm eilend ausgiengen,

Ehe die ketzer ihr straf empfiengen;

Sie waren ihm gehorsam al

Und kamen nerlich für den sal,

Da fiel das haus und bad in grund,

Straft den gotteslesterlichen mund.

Denn wie die leut zu Helice,

Im Griechenland ein stadt am see,

Ihre feind aus Ionierland

Unmenschlich zum opfer verbrant,

Und got dasselb wolt strafen hart,

Gaben wir meus uns auf die fart,

Fünf tag zuvor davon zu laufen

Mit unsern ganzen hellen haufen.

Die bürger lachten diser mer,

Als wenns eitel zauberei wer;

Erdbidden aber folget drauf,

Warf die stadt über einen hauf,

Versenkt alles in grund so tief,

Das drüber get beid mer und schif.

Wenn auch vil krieg sollen angehen

Und denn gewer in kirchen stehen,

Die beiß ich durchs metal entzwei,

Das ich die menschen warn dabei.

Darum bin ich so weis und klug,

Ein löchlein ist mir nicht genug,

Ich muß stets eins in vorrat haben,

Wo ja das ander wird vergraben.

Denn das ist eine arme maus,

Die nurt weiß zu eim loch hinaus."
[16]

Quelle:
Georg Rollenhagen: Froschmeuseler. Zwei Theile, Teil 1, Leipzig 1876, S. 13-17.
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