[152] Pilatus zu denen Vorigen.
Christus fahlt, darauf gehet Pilatus außer den schlus heraus, und rufft: wird aufgezohen.
PILATUS.
Genug! – – – ihr habt euch mehr gerochen,
Als ich euch vormahls zugesprochen.
Christus ligt in seinen bluth.
1TER HENCKERSKNECHT.
Wie? ist er etwan würcklich todt?
2TER.
Nein, dises hat noch keine noth.
3TER.
Steh auf! nun hast es überstanden.
PILATUS.
Man nemm die Crönung gleich vorhanden.
Doch nemmbt euch dises wohl in acht,
Das ich sein lebn zu schüzen tracht.
Gehet ab.
[152]
MOMUS höhnisch.
So geht es halt auf diser erden!
Ein lump kan auch ein König werden.
Das glückh spillt mit uns wechsel weis,
Bald kommen schläg, bald ehr, und preis.
Sezen Christum auf einen blockh.
CACUS.
Eur Mayestätt wolln sich bequemmen,
Auf disen thron Besiz zu nemmen.
Und bilden ihnen gleichwohl ein,
Er sey von besten Elffenbein.
COSMUS.
Ein König mus in Purpur prangen,
Hier ist er auch schon nach Verlangen,
Verschmäch o herr! nicht disen fleckh,
Es ist ein feine Esel-deckh.
Legt Christo den Purpurmantl an.
MOMUS sezt ihm die Cron auf.
Nun ist die Cron dir aufzusezen,
Sech, wie wür dich als König schäzen.
Weill großer herrn große burd
Aus dörnern sie geflechtet wurd.
Sie druken ihm die Cron mit 2 über das Creuz gelegten fangen auf das haubt, das ihm das bluth herunter rinnet.
CACUS.
Sie ist ihm fest ans haubt zu druken,
Damits nicht leicht die windt verruken.
Secht! wie er sie aus pracht begird
Nun selbsten mit Rubinen zührt.
Betrachtet ihn recht hönisch, und speyet ihn an, anstatt ihme einen kus zu geben.
Recht herzig – – – laß dichs nicht verdrüßen,
Ich mus dich wider willen küssen. – – –
O schön du bist auf disen thron
Gewis ein andrer Salomon.
JANUS.
Ein König will sich ja gebühren,
Das er den Scepter solle führen.
Hier ist er, nimm ihn in die handt
Er schikt sich recht vor deinen standt.[153]
MOMUS.
Nun laßt als könig gott, und herrn
Ihn mit geflißner demuth ehrnn,
ALLE.
Durchleuchtigst, hochgelehrter tropf,
Großmächtigister pifflskopf.
Empfehlen uns ganz oberthänig
Herr Oxen Gott, herr Narren König.
COSMUS gibt ihm eine ohrfeigen, ziecht ihn bey dem barth nider.
Sprich tölpl seye nicht so grob,
CACUS.
Bedankh dich doch vor dises lob.
Buchempfehlung
Die 1897 entstandene Komödie ließ Arthur Schnitzler 1900 in einer auf 200 Exemplare begrenzten Privatauflage drucken, das öffentliche Erscheinen hielt er für vorläufig ausgeschlossen. Und in der Tat verursachte die Uraufführung, die 1920 auf Drängen von Max Reinhardt im Berliner Kleinen Schauspielhaus stattfand, den größten Theaterskandal des 20. Jahrhunderts. Es kam zu öffentlichen Krawallen und zum Prozess gegen die Schauspieler. Schnitzler untersagte weitere Aufführungen und erst nach dem Tode seines Sohnes und Erben Heinrich kam das Stück 1982 wieder auf die Bühne. Der Reigen besteht aus zehn aneinander gereihten Dialogen zwischen einer Frau und einem Mann, die jeweils mit ihrer sexuellen Vereinigung schließen. Für den nächsten Dialog wird ein Partner ausgetauscht indem die verbleibende Figur der neuen die Hand reicht. So entsteht ein Reigen durch die gesamte Gesellschaft, der sich schließt als die letzte Figur mit der ersten in Kontakt tritt.
62 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro