Sibender auftritt

[238] Cayphas. Annas. Die romische 4 Soldaten, so das grab verwachet.


CAYPHAS.

Entzwischen wardt ihr doch vermessen,

Das ihr des wachens so vergessen,

Euch all begeben in die Ruh

ANNAS.

Das steht ja keinem Criegs knecht zu.[238]

MOMUS.

Wür haben wider willn geschlaffen,

CAYPHAS.

Destwegen seydt ihr doch zu straffen,

Hiemit stehn eure köpf firwahr

Nach lauff der rechten in gefahr.

ANNAS.

Wan euch die wacht zu schwer gekommen,

Warumb habt ihr sie angenommen?

Warumen gab man euch den soldt?

Gewis nicht weill ihr schlaffen wollt.

JANUS.

Uns stund es nicht mehr im Vermögen

Die schwermuth thatt uns niderlegen,

Sie warff uns gleichsam in die Ruh

Und trukte uns die augen zu.

COSMUS.

Zu deme ist ja nichts geschehen

Was wür durch unsren schlaff versehen.

Meßt seinen eignen kräfften bey,

Das er von todt erstanden sey.

CACUS.

Wür haben euch von allen disen

Die wahrheit aus dem grund erwisen,

Wollt ihr doch nicht zufriden stehn,

So last uns zum Pilatus gehn.

Ihm wollen wür dan alles sagen,

Damit er auch bey euren klagen

Ein wahres Urthl schlüßen mecht,

Und dan geschech uns nach dem Recht.

CAYPHAS.

Pilatus hat hier nichts zu schlichten,

Uns stehet zu euch nun zu richten,

Gebt euch zur Ruh, und trozet nicht,

Dan ihr steht noch in unsrer pflicht.

Uns stehet zu euch euer leben

Zu nemmen oder zu vergeben,

Was ihr (seys auch aus unbedacht)

Euch selbsten auf den hals gebracht.

Damit ihr also könnt erfahren,

Das wür die gnaden auch nicht sparren,[239]

So sprechen wür euch gänzlich frey

Wißt dan das alls verzihen sey.

Doch eines will ich euch berichten,

Zum dem ihr euch nun mußt verpflichten,

Wie nemblich sich es zugetragn

Bey keinen Menschen auszusagn.

ANNAS.

Ihr müßt stätts auf der aussag bleiben,

Und euch darvon nicht lassen treiben,

Der weill ihr schluffet man das grab

Erbrochen, und bestohlen hab.

JANUS.

Hochwürdig, und hochweise herrn,

Was sie nunmehr an uns begehrn,

Das sey mit einem eyd geschworn,

Wer disen bricht, der ist verlohrn.

COSMUS.

Diß können wür euch zu ergezen,

Und unser schlaffsucht auszuwezen

Gar leicht erfillen in dem werkh,

Es braucht darzu kein risen stärckh.

CACUS.

Doch eines, seye mir erlaubet,

Ob dises auch Pilatus glaubet?

Ob disen auch zu hintergehn

Mit unsrer treu, und pflicht kön stehn.

CAYPHAS.

Da ist sich nicht vill zu besinnen,

Ich weis ihn noch schon zu gewinnen,

Er wird nichts thuen, ich bin vergwißt,

Was uns zu einen Nachtheil ist.

MOMUS.

Wan dises ist, so will ich ewen,

Mich euch durch einen eyd ergeben,

Das Christi leichnamb nur allein,

Müß aus dem grab gestohlen sein.

ANNAS.

Ihr könnt allein in disen nöthen

Die Ehr der hochen Priester retten,

Und das geschicht auf dise arth,

Die von euch Rhat, und Volckh erwarth.[240]

Euch mehrer muth dan ein zu fleßen,

Will ich hiemit euch unterdessen

Zum Voraus ein Belohnung gebn.

ALLE 4.

Wür werden euch zu diensten lebn.

CAYPHAS.

Secht, was ihr vor ein glickh getroffen,

Jedoch ihr habt noch mehr zu hoffen,

Wan ihr nur stätts auf euren eydt

Bedacht, und treu beflissen seydt.

JANUS.

Ihr herrn lebet ohne sorgen,

Es soll die statt noch disen morgen

Auf den von euch beliebten schein

Glaubbar des diebstahls kündig sein.

ANNAS.

So geht, zu was wür euch nun schiken,

Doch wan man rufft, laßt euch erbliken.

CAYPHAS.

Es ist ein so verwirrte Zeith,

Das ihr zum öfftern nöthig seydt.


Gehen ab.


Quelle:
Bitteres Leiden, Oberammergauer Passionspiel, Verfasst von Pater Ferdinand Rosner O.S.B., Leipzig 1934, S. 238-241.
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