Der getreue hunt

[141] In der meienweis Eislingers.


28. decemb. 1543.


1.

Plinius uns beschriben hat

von einem hunt getreue tat,

welche geschehen ist zu Rom,

Als man her Titum Sabinum

und seiner ret ein große sum

um ir untat gfenklich annom.

Der einer het ein treuen hunt,

der stetig vor dem kerker stunt,

niemant in darvon treiben kunt,

on unterlaß tag unde nacht

und heulet da in großer klag;

ungeßen er da selben lag

etwan bis auf den dritten tag,

het traurig auf sein herren acht.
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2.

Als nun sein her im kerker starb,

von herbem gift ellent verdarb

und auf die gaß geworfen wart;

Der hunt gar traurig zu im saß

und heult kleglich on unterlaß,

sam klagt er in menschlicher art.

Da kam des volks ein große sum,

stunden um den körper herum,

des hundes treu sie wunder num;

ein man warf dar dem hunt ein brot,

das eilent nam der treue hunt,

legt es dem toten auf sein munt,

als solt er eßen und gesunt

wider aufwachen von dem tot.


3.

Als das römisch gerichte scharf

den körper in die Tiber warf,

der treue hunt auch darein sprang;

Sein toten herren het so holt,

und zum gestat in lenden wolt;

als aber das weret so lang

Und der hunt niemer schwimen kunt,

do sank er in der Tiber grunt.

also verdarb der treue hunt

und blieb mit seinem herren tot.

derhalb das alt sprichwort ist recht:

ein treuer hunt ist beßer, secht,

dan ein falsch ungetreuer knecht;

der bringt sein herren selb in not.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 141-142.
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