Historia: Die geschicht keiser Maximiliani löblicher gedechtnus mit dem alchamisten

[248] Als ich vor drei und fünfzig jaren

in meiner jugnt wolt vil erfaren,

weil ich meim hantwerk nach tet wandern

von einer statte zu der andern,

kam auch hinein in Wels, die stat,

da Traun, das waßr, sein fürgang hat,

da keiser Maximilian,

der großmechtig und teuer man,

het hof gehalten vor der zeit,

dem gar wol war mit höflichkeit

mit ritterspil, stechen und rennen

und was man kurzweil mocht genennen,

als fechten, schießen, baißen, jagen,

mit gemßensteigen bei sein tagen,

darzu het er sein freud und gunst

auch zu artlich subtiler kunst;

des kamen gen hof mannich gest,

die man tractieret auf das best,

edel, unedel, künstreich leut,

ob den der keiser sich erfreut.

da sagt man, das eins tages ist

gen hof kommen ein alchamist

in baurenkleit, ganz grober gstalt,

der sam trutziglich mit gewalt

wolt in des keisers gmach eingan,

drin keiser Maximilian

mit seinen reten hielte rat.

als er nun an die salpfort trat,

der türhüter in frech anret,

was er darin zu schaffen het;[249]

der künstner trutzig antwort gab:

beim keiser ich zu schaffen hab.

der torwart sprach: fetsch dich dein straß,

kurzumb, hinein ich dich nit laß,

der keiser anderst hat zu schaffen,

als das er zuhör deinem klaffen,

wan er hielt in für ein jaufkint

und stieß in von der tür geschwint.

der alchamist entrüstet wur,

der türhüter in widr anfur,

wurden beid lautreisig zumal.

das zenk erhöret in dem sal

der keiser und schickt sein herolt,

das man den man einlaßen solt,

der zu dem keiser gert hinein.

erst ließ man disen künstner ein

in seinem groben baurengwant,

dem hofgsint allen unbekant.

der trat zu dem keiser eilenz

on all gepreng und reverenz

und tete zu dem keiser jehen:

keiser, wiltu von mir hier sehen

recht künstlich grünt der alchamei,

der ich denn bin ein meister frei,

aus kupfer klares golt zu machen?

der keiser antwort zu den sachen:

ja, ich hab ie getragen gunst

zu alchamei, der edlen kunst,

kanst dus, so hilf ich dir darzu,

zeig an, was darzu darfest du?

triffst dus on all arglist und renk,

dir wirt ein keiserliche schenk.

der alchamist zum keiser sprach:

gib mir im hof ein ler gemach

und gib mir ein mark lötigs golt,

neun mark kupfers, auch geben solt[250]

kolen, blasbalk, tegel und zangen,

tu quecksilber und salz mir langen,

gleser, hefen, schwefel, schürstein,

laß machen ein kamin darein,

darin ich schmelz und distillier,

dmateri künstlich conficier.

über ein monat magst einmal

zu mir rab kommen aus deim sal

und mein künstreiche arbeit schauen.

die ich dir machen wil auf trauen,

die du vorhin von keinem gast

so grüntlichen gesehen hast;

sunst aber so laß mich allein,

niemant zu mir gen aus noch ein.

der keiser hat ein wolgefallen

an der kunst und folgt im in allen,

gab im ein zu hof ein gemach

und als, was er begert darnach,

reicht im teglich hofspeis und wein

zu eim engen fenster hinein.

also der künstner tag und nacht

sein künstreiche arbeit verbracht

mit schmelzen und cemphiren schan,

und keiser Maximilian

dem künstner heimlich hut bestelt,

das er heimlich nicht weichen selt;

doch nach eim monat lang hernach

der keisr zu im eingieng und sach

die künstreichen werk aller stück,

darzu wünscht im der keiser glück.

der künstner tet zum keiser sagen:

kom herwider nach dreien tagen,

so wirst dus noch klerlicher sehen

und meiner kunst erst lob verjehen.

nach dem keiserlich majestat

wider von dem künstner abtrat[251]

frölich und der kunst nachgedacht;

doch hernach in der dritten nacht

da het sich der künstner verholn

aus seim gmach aus dem hof gestoln.

das wurt dem keiser gsaget an.

zuhant keisr Maximilian

in hof nabgieng ins künstners gmach,

darin den künstner nit mer sach;

doch sach ein güldin kuchen er

auf dem tisch ligen, zehn mark schwer,

von lauter gutem golde klar,

darauf also geschriben war:

o keiser Maximilian,

wellicher dise kunste kan,

sicht dich nochs römisch reich nit an,

das er dir solt zu gnaden gan.

als der keiser die schrift gelas,

vernam er klerlich wol und das

der alchamist und fremd künstner

ein Venediger gwesen wer,

mit dem der keisr in unfrid stan;

derhalb ließ Maximilian

den alchamistn zu waßr und lant

nachsuchen, den man doch nicht fant,

der dem keiser geschenket het

mit der alchamei das banket.

also war genzlichen die sag

zu Wels, als ich hört über tag,

weil ich mein hantwerk arbeit dar.

nach dem gar über wenig jar

der keiser wider gen Wels kam,

da er ein selig ende nam,

eben alt neun und fünfzig jar,

der mindern zal neunzehn fürwar,

als er das keiserlich regiment

het drei und dreißg jar in der hent,[252]

da ewig freud im auferwachs

und uns allen, das wünscht Hans Sachs.


Anno salutis 1568., am 18. tag Februarij.


Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Zweiter Theil: Spruchgedichte, Leipzig 1885, S. 248-253.
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