|
[125] Zu Langenau im Schwabenlant
ein bauer saß, Claus Ott genant,
der zumal aberglaubig was,
den alten unhulden zumas,
was unglücks im zustunt auf ert.
wart etwan im hinkent ein pfert,
oder tet im ein ku verseihen,
so tet ers als die truten zeihen
und war in auch von herzen feint,
an in zu rechen sich vermeint,
wenn er nur west, welch truten wern;
darumb wolt er sie kennen gern.
eins mals an einem pfinztag spat
ein farent schulr zu im eintrat,
wie sie denn umbgiengen vor jarn
und lauter baurenbscheißer warn.[125]
der sagt her große wunderwerk,
wie er kem aus dem Venusberk,
wer ein meister der schwarzen kunst,
macht dem bauren ein blaben dunst.
der fieng an, übert hexen klagt,
wie er in so feint wer, und sagt,
er wolt sich geren an in rechen.
da wart der farent schuler sprechen:
mein freunt, ich kan dich gar wol lern,
das du mögst bannen und beschwern
all unhulden im ganzen lant,
das sie zusam kommen allsant,
das du sie all magst zeln und sehen.
der bauer tet zum schuler jehen:
ein gulden gib ich dir zu lon,
lerst michs zsam bringen auf ein plon.
er sprach: ja, ich dichs leren wil;
iedoch es ist kein kinderspil,
ob in der sach mislünge dir,
so darfst du kein schult geben mir;
es ist mit den unhulden gferlich.
der bauer sprach: ich wil gewerlich
mit umbgen, drumb fah die kunst an.
er sprach: so nim zu dir zwen man
und ge mit in naus für den walt,
da im felt stet die eichen alt,
gleich bei der drifachen wegscheid,
da solt du haben und sie beid
ieder in der hant ein bloß schwert,
und machet ein kreiß an der ert,
etwan auf dreißig klafter weit,
umb dise eichen groß und breit.
nach dem so schürt ein großes feur
in den kreiß zu der abenteur
und lauft darumb dreimal ringwerz
und werft ins feuer ein kalbsherz,[126]
das neulich hast gestochen du,
sprich disen segen auch darzu:
venite, ir unhuldibus,
bringt prügel her uns stultibus,
die semper mit uns spendibus
sub capite et lendibus!
schau, wenn ir das habt dreimal gsprochen,
so kommen aus dem walt mit pochen
die unhuldn und umb den kreiß rennen,
das ir sie mögt persönlich kennen.
denn sprecht den segen widerumb,
das kein ungwitter übr euch kum;
doch wo ir felet an dem ort
an dem segen ein einigs wort,
so wirt der teufel unverholn
zu euch werfen feurige koln,
und die unhulden wern on scheuch
ein ungwitter machn über euch
und euch vor engsten machen heiß,
doch bleibet all drei in dem kreiß;
wo sich einer daraus wirt geben,
so wirt es kosten im sein leben,
das sag ich dir vor aller maßen,
drumb magst du es tun oder laßen.
der bauer sprach: ich wil es wagen,
hab mich wol vor mit dreien gschlagen,
bin von in kommen unbeschedigt,
werd etwan von den hexn erledigt.
sag, welch zeit muß wir heint naus gen,
ich und darzu die andern zwen?
er sprach: gleich heint zu mitternacht
get naus und dise kunst anfacht.
hin gieng der bauer und war fro.
der farent schuler sich aldo
auf dise abenteur besan,
zu effen disen bauersman,
gieng im dorf nachts int rockenstubn
und bestellet im neun rosbubn,[127]
bericht sie, was sie solten ton.
die legten frauenkleider on,
als weren sie unhulden alt;
fürt sie mit im naus in den walt.
ieder tet im drei prügel hauen,
die abenteuer helfen bauen,
warten da auf des schulers bscheit.
der schlich von in zu der wegscheit
und oben auf die eichen sas,
das er mocht sehen alles das,
und ein kolscherben bei im het.
als nun der bauer kommen tet
mit zwen nachbaurn um mitternacht,
und der kreiß von in wurt gemacht
mit bloßen schwertern umb die eichen,
der wol dreißg klafter weit tet reichen.
nach dem schürten sie ungeheuer
mitten im kreiß ein großes feuer,
nach dem loffen die bauren tumb
drei mal umb das feuer herumb
und warfen drein das herz vom kalb,
sprachen den segen, doch kaum halb.
als die rosbubn das feuer groß
ersahen, das war gleich ir loß,
zu hant sie aus dem walde schlichen
und umb den kreiß hin und her tichen
mit einem ungestümen wesen,
mit rocken, gabel und mit besen,
mit schaufel, rechn und ofenkruckn.
forchtsam tetn sich die bauren schmuckn.
nun schin der man so überhell,
das man sach und hört ir geschell;
sie heten umb den kreiß ir tanzen
und machten gar selzam kramanzen.
die drei bauren erschrocken wasen,
des segen sprechens gar vergasen[128]
und zitterten im kreiß allsam;
der schuler sein kolscherben nam,
warf in rab under die drei bauren.
erst wurden gar verzagt die lauren,
meinten, der teufel het die koln
rab gworfen und würt sie all holn.
balt die kolen int höch aufstuben,
die truten zu werfen anhuben
mit prügeln zu in in den kreiß.
den dreien war vor sorgen heiß,
im kreiß sich hin und wider schmugen,
trafen sie oft, das sie sich bugen,
umb bein und lend, auch umb die köpf,
das sie sich drehten wie die töpf,
noch dorft ir keiner aus dem kreiß;
Claus Ott vor angst int hosen scheiß.
als die unhulden verwarfen gar
ir prügel, loffens wider dar
zerstreuet hinein in den walt.
fro waren die drei bauren alt,
trolten balt aus dem kreiß hinaus
und kamen hinkent heim zu haus
mit beulen, schwarz und blaben flecken
von der hexen prügel und stecken;
iedoch so dorft ir keiner klagen,
in dreien tagen darvon sagen,
und verschwurn bei treu, eit und er,
forthin zu bannen nimmermer
die hexen oder die unhulden.
so mußten sie all drei gedulden,
zu der schlappen leiden den spot
von der anderen bauren rot,
wan die rosbuben nach den tagen
die teten allen menschen sagen,
wie alle sach sich het verloffen,
und wurt ir schad mit schanden offen.[129]
der farent schuler nam sein lon
des morgens frü und zog darvon.
So wirt noch mancher man betrogen
und bei der nasen umbher zogen
von landfarern und zauberern,
die sich großer kunst rümen gern,
und ist doch solch ir zauberei
ein blaber dunst und fantasei,
auch als erlogen und erdicht,
wie man denn solches teglich sicht.
aus dem folget vil ungemachs:
hüt dich vor den, ret dir Hans Sachs.
Anno salutis 1556., am 10. tage Januarij.
Ausgewählte Ausgaben von
Spruchgedichte (Auswahl)
|
Buchempfehlung
Im zweiten Punischen Krieg gerät Syphax, der König von Numidien, in Gefangenschaft. Sophonisbe, seine Frau, ist bereit sein Leben für das Reich zu opfern und bietet den heidnischen Göttern sogar ihre Söhne als Blutopfer an.
178 Seiten, 6.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro