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[240] Als man zelt vierzehundert jar
und vierundneunzig jar fürwar[240]
nach des herren Christi geburt
ich Hans Sachs gleich geboren wurt
Novembris an dem fünften tag,
daran man mich zu taufen pflag,
eben geleich grad in dem herben,
grausam und erschrecklichen sterben,
der regiert in Nürnberg der stat.
den brechen auch mein mutter hat
und darzu auch der vatter mein,
got aber verschont mein allein.
sibenjerig darnach anfieng,
in die lateinisch schule gieng;
drin lert ich puerilia,
grammatica und musica
nach ringem brauch derselben zeit;
solchs als ist mir vergeßen seit.
neunjerig aber dreißig tag
ich an dem heißen fieber lag.
nach dem ich von der schule kam
fünfzenjerig und mich annam,
tet der schumacher hantwerk lern,
mit meinr hantarbeit mich zu nern;
daran da leret ich zwei jar.
als mein lerzeit vollendet war,
tet ich meinem hantwerk nach wandern
von einer statte zu der andern,
erstlich gen Regnsburg und Braunau,
gen Salzburg, Hall und gen Passau,[241]
gen Wels, Münichen und Lantshut,
gen Oeting und Burghausen gut,
gen Würzburg und Frankfurt, darnach
gen Coblenz, Cölen und gen Ach;
arbeit also das hantwerk mein
in Beiern, Franken und am Rein.
fünf ganze jar ich wandern tet
in dise und vil andre stet.
spil, trunkenheit und bulerei
und andre kurzweil mancherlei
ich mich in meiner wanderschaft
entschlug und war allein behaft
mit herzenlicher lieb und gunst
zu meistergsang, der löblichn kunst,
für all kurzweil tet mich aufwecken.
ich het von Lienhart Nunnenbecken
erstlich der kunst einen anfang;
wo ich im lant hört meistergsang,
da leret ich in schneller eil
der bar und tön ein großen teil,
und als ich meines alters war
fast eben im zweinzigsten jar,
tet ich mich erstlich understan
mit gotes hülf zu dichten an
das bar in dem langen Marner:
gloria patri lob und er,
zu Münichen, als man zelt zwar
fünfzehundert vierzehen jar,
half auch daselbst die schul verwalten,
tet darnach auch selber schul halten
in den steten, wo ich hin kam,
hielt die erst zu Frankfurt mit nam,
und nach zwei jarn zog ich mit glück
gen Nürnberg, macht mein meisterstück.
nach dem wart mir vermehelt drin
mein gmahel Küngunt Kreuzerin
geleich an sanct Egidientag;
am neunten tag der hochzeit pflag,[242]
als man gleich fünfzehundert jar
und neunzehen jar zelen war,
welche mir gebar siben kint,
die all mit tot verschiden sint.
und als man fünfzehundert jar
und auch sechzig jar zelen war,
am sechzehentn Martii im frid
mein erster gemahel verschid.
als man zelt einundsechzig jar,
am zwelften Augusti fürwar
wurt mir wider verheirat da
mein andre gmahel Barbara
Harscherin, und am erichtag
nach sanct Egidien, ich sag,
war mein hochzeit fein schlecht und stil;
mit der leb ich, so lang got wil.
als man aber zelet fürwar
geleich fünfzehenhundert jar
und sibenundsechzig, ich sag,
Januarii am ersten tag,
meine gedicht, spruch und gesang,
die ich het dicht vor jaren lang,
so inventiert ich meine bücher,
wurt gar ein fleißiger durchsücher
der meistergsangbücher zumal,
der warn sechzehen an der zal;
aber der sprüchbücher der was
sibenzehen, die ich durchlas;
das achtzehent war angefangen,
doch noch nit vollent, mit verlangen.
da ich meine gedichte fant
alle gschriben mit eigner hant,
die vierunddreißg bücher mit nam,
darinnen summiert ich zusam
erstlich die meistergsang fürwar,
der von mir sint gedichtet bar
in disen dreiundfünfzig jarn,
darin vil schriftlicher bar war[243]
aus alt und neuem testament,
aus den büchern Mose vollent,
aus den figurn, prophetn und gsetz,
richter, künigbüchern, zuletz
den ganzen psalter in der sum,
die bücher Machabeorum
und die sprüch Salomon hernach
und aus dem buch Jesus Sirach,
epistln und evangelion,
auch aus apocalypsis schon,
aus den ich allen vil gedicht
in meistergsang hab zugericht
mit kurzer gloss und ir auslegung
aus guter christlicher bewegung,
einfeltig nach meinem verstant,
mit gotes hülf nun weit erkant
in teutschem lant bei jung und alten,
darmit vil singschul werdn gehalten
zu gotes rum, lob, preis und glori;
auch vil warhaft weltlich histori,
darin das lob der gutn erhaben
und der argen lob tief vergraben,
aus den gschichtschreibern zugericht;
auch mancherlei artlich gedicht
aus den weisen philosophi,
darin ist angezeiget, wie
hoch die tugent zu loben sei
bei menschlichm gschlecht, und auch darbei,
wie schentlich sint die groben laster,
alles unglückes ein ziehpflaster;
dergleich vil poetischer fabel,
welche sam in einer parabel
mit verborgen, verblümten worten
künstlich vermelden an den orten,
wie gar hochlöblich sei die tugent
beide bei alter und der jugent,[244]
dergleich, wie laster sint so schentlich;
darnach sint auch begriffen entlich
schulkünst, straffer, logica, renk,
auch mancherlei kurzweilig schwenk,
zu frölichkeit den traurign kommen,
doch alle unzucht ausgenommen.
in einer summa diser bar
der meistergesang aller war
eben gleich zweiundvierzig hundert
und fünfundsibnzig ausgesundert,
waren gsetzt in zweihundert schönen
und fünfundsibnzig meistertönen;
darunder sind dreizehen mein.
solichs war als geschriben ein
in der sechzehn gsangbücher sum.
die achtzehen sprüchbücher num
ich auch her in die hende mein;
drin durchsucht die gedicht allein,
da funt ich frölicher comedi
und dergleich trauriger tragedi,
auch kurzweiliger spil gesundert,
gerade acht und auch zweihundert,
der man den meisten teil auch hat
gespilt in Nürenberg der stat,
auch andern steten ferr und weit,
nach den man schicket meiner zeit.
nachdem fant ich darinnen frei
geistlich und weltlich mancherlei
gesprech und sprüch von lob der tugent
und guten sitten für die jugent,
auch höflicher sprüch mancherlei
aus der verblümtn poeterei,
und auch von manchen weisen heiden,
von der natur artlich, bescheiden,
auch mancherlei fabel und schwenk,
lecherlich poßen, selzam renk,
doch nit zu grob noch unverschemt,
darob man freud und kurzweil nemt,[245]
und doch das gut darbei verste
und alles argen müßig ge.
diser gedicht ich allersant
tausent und sibenhundert fant;
doch ungeferlich ist die zal
aus den gedichten überal.
vor drei bücher ausgangen sint
im druck, darinnen man ir fint
acht und achtzg stück und sibenhundert,
darob sich mannich man verwundert.
auch ists viert und fünft buch zu drucken
bstelt, die bei etlich hundert stucken
halten, auch spruchsweis mein gedicht
werdn in der zeit kommen ans licht.
auch fant ich in mein büchern gschriben
artlicher dialogos siben,
doch ungereimet, in der pros,
ganz deutlich, frei, on alle glos.
nach dem fant ich auch in der meng
psalmen und ander kirchengseng,
auch verendert geistliche lider,
auch gaßenhauer hin und wider,
auch lieder von kriegesgeschrei,
auch etlich bullieder darbei,
der allersamen ich vernum
dreiundsibenzig in der sum,
in tönen schlecht und gar gemein;
der tön sechzehn mein eigen sein.
als ich mein werk het inventiert,
mit großem fleiß zusam summiert
aus den sprüchbüchern umb und um,
da kam in summa summarum
aus gsang und sprüchen mit gelück
sechstausent achtundvierzig stück
aus meinen büchern überal,
e mer den minder in der zal,
on der, so waren kurz und klein,
der ich nicht het geschriben ein.[246]
aber hie anzeigte gedicht
die sint alle dahin gericht,
sovil mir ausweist mein memori,
zu gottes preis, lob, rum und glori,
und das sein wort wert ausgebreit
bei christlicher gmein ferr und weit
gesangweis und gereimten worten,
und im Teutschlant an allen orten
bei alter und auch bei der jugent
das lob aller sitten und tugent
wert hochgepreiset und berümt;
dargegen veracht und verdümt
die schentlichen und groben laster,
die als übels sint ein ziehpflaster,
wie mir das auch nach meinem leben
mein gedicht werden zeugnus geben;
wan die ganz sum meiner gedicht
hab ich zu eim bschluß zugericht
in meinem alter, als ich war
gleich alt zwei und sibenzig jar,
zwei monat und etliche tag.
darbei man wol abnemen mag,
das der spruch von gedichten mein
gar wol mag mein valete sein,
weil mich das alter hart vexiert,
mich druckt, beschwert und carceriert,
das ich zu ru mich billich setz
und meine gedicht laß zuletz
dem gutherzign gemeinen mon,
mit gots hülf sich beßer darvon.
got sei lob, der mir sant herab
so miltiglich die schonen gab
als einem ungelerten man,
der wedr latein noch kriechisch kan.
das mein gedicht grün, blü und wachs
und vil frücht bring, das wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1567., am 1. tag Januarij.
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