Der Schwarzwald

[161] 1814.


An K.F. Eichhorn.


Wie fröhlich hier im reichen Thal

Die lieben Bäume stehn.

Gereift an Gottes mildem Strahl,

Geschützt von jenen Höh'n.


Ihr Kirschen und ihr Kästen sollt

Noch manches Jahr gedeihn,

Auch du Gutedel, fließend Gold,

Auch du, Markgrafenwein.


Doch höher, immer höher zieht,

Zum Walde zieht mich's hin,

Dort nach dem dunkeln Gipfel sieht

Mein liebetrunkner Sinn.


O Dreisam, süßer Aufenthalt,

O Freiburg, schöner Ort,

Mich ziehet nach dem höchsten Wald

Die höchste Sehnsucht fort.
[161]

Nicht schrecket mich im Höllenthor,

Der grause Felsensteg,

Weit über Land und Fels empor

Zum Gipfel geht mein Weg.


Dein Wasser schöpf' ich in der Hand,

O Donau, frohe Fahrt!

Verkünde nur im Morgenland

Der Deutschen Sinn und Art.


Du mit dem weißen Wälderhut

Und mit dem schwarzen Band,

O Mägdlein sittig, schön und gut,

Grüß mir das deutsche Land.


Ich muß hinauf zum schwarzen Wald,

So liebend und allein,

Dort soll fortan mein Aufenthalt

Und meine Kirche sein.


Euch Bäume hat kein Mensch gestreut,

Euch sä'te Gottes Hand,

Ihr alten hohen Tannen seid

Mir meines Gottes Pfand.


Durch eure schlanken Wipfel geht

Sein wunderbarer Gang,

In euren grünen Zweigen weht

Ein schauervoller Klang.


Das ist ein ferner Liebeston,

Er klingt wol tausend Jahr,

Von Geistern, deren Zeit entflohn

Und deren Burg hier war.


Wie schaurig hier und wie allein

Im höchsten schwarzen Wald,

Nicht fern kann hier die Wohnung sein

Der seligsten Gestalt.
[162]

Der Freiheit, die mein Herz gewann,

Der süßen Heldenbraut,

Der ich, ein liebentbrannter Mann,

Für ewig mich vertraut.


O Freiheit, Freiheit komm' heraus,

So kräftig und so fromm,

Aus deinem grünen dunkeln Haus

Du schöne Freiheit komm'.


Dort unten laß dich wieder schaun,

Im freien deutschen Land,

Bewahre du die treuen Gaun,

Vor welschem Sklavenstand.


Quelle:
Max Schenkendorf: Gedichte, Leipzig o.J, S. 161-163.
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