Freiheit

[117] 1813.


Freiheit, die ich meine,

Die mein Herz erfüllt,

Komm' mit deinem Scheine,

Süßes Engelbild.


Magst du nie dich zeigen

Der bedrängten Welt?

Führest deinen Reigen

Nur am Sternenzelt?


Auch bei grünen Bäumen

In dem lust'gen Wald,

Unter Blütenträumen

Ist dein Aufenthalt.


Ach! das ist ein Leben,

Wenn es weht und klingt,

Wenn dein stilles Weben

Wonnig uns durchdringt.


Wenn die Blätter rauschen

Süßen Freundesgruß,

Wenn wir Blicke tauschen,

Liebeswort und Kuß.


Aber immer weiter

Nimmt das Herz den Lauf,

Auf der Himmelsleiter

Steigt die Sehnsucht auf;


Aus den stillen Kreisen

Kommt mein Hirtenkind,

Will der Welt beweisen,

Was es denkt und minnt.
[118]

Blüht ihm doch ein Garten,

Reist ihm doch ein Feld

Auch in jener harten

Steinerbauten Welt.


Wo sich Gottes Flamme

In ein Herz gesenkt,

Das am alten Stamme

Treu und liebend hängt;


Wo sich Männer finden,

Die für Ehr' und Recht

Muthig sich verbinden,

Weilt ein frei Geschlecht.


Hinter dunkeln Wällen,

Hinter ehrnem Thor

Kann das Herz noch schwellen

Zu dem Licht empor;


Für die Kirchenhallen,

Für der Väter Gruft,

Für die Liebsten fallen,

Wenn die Freiheit ruft.


Das ist rechtes Glühen

Frisch und rosenroth:

Heldenwangen blühen

Schöner auf im Tod.


Wollest auf uns lenken

Gottes Lieb und Lust,

Wollest gern dich senken

In die deutsche Brust.


Freiheit, holdes Wesen,

Gläubig, kühn und zart,

Hast ja lang erlesen

Dir die deutsche Art.

Quelle:
Max Schenkendorf: Gedichte, Leipzig o.J, S. 117-119.
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