Soldaten-Abendlied

[100] 1813.


An Carl von Bardeleben.


N.d.W.: Befiehl du deine Wege etc.


So zündet nun die Feuer

In Gottes Namen an,

Es hat wol keiner treuer

Sein Tagewerk gethan;

Und fern von Liebesarmen

Und fern von Weibesbrust

Laß uns an dir erwarmen,

Du Feuer, unsre Lust.


So ruht, ihr müden Glieder,

Vielleicht zum letzten Mal;

Wie bald, so sinkt ihr nieder,

Verletzt von Blei und Stahl.[100]

Wir haben uns ergeben,

Herr Gott, in deine Hand;

Nimm hin den Leib, das Leben

Für unser Vaterland.


Ihr fernen theuren Seelen,

Wir wünschen gute Nacht;

Wir wollen euch empfehlen

Der ew'gen Liebesmacht.

Wir grüßen, ach wir grüßen

Viel tausend tausendmal,

Und unsre Blicke küssen

Sich wol in Mondenstrahl.


Schlaf ruhig, Vater Röder,

Du lieber General;

Das betet wol ein Jeder

Aus deiner Krieger Zahl.

Du bist uns Lust und Segen

In Schlacht und Ungemach;

Du schläfst in Sturm und Regen,

Wie wir, oft ohne Dach.


Auch du im Lager drüben

Magst ruhig schlafen, Feind,

Wir ha'n mit Schuß und Hieben

Es ehrlich stets gemeint.

Mit Einem aber ringen

Wir Morgens wie zu Nacht,

Er möcht' uns gern verschlingen,

Der Löwe brüllt und wacht.


Du Feldwacht, und ihr Runden,

Seid wacker und bereit,

Um fleißig zu erkunden,

Von wo Gefahr uns dräut;

Der Herr hat viele Schaaren

Zu unserm Schutz bestellt,

Die heil'gen Engel wahren

Des frommen Kriegers Zelt.
[101]

Ihr Wächter in der Höhe,

O schwebt um diesen Raum,

Und jeder Schläfer sehe

Das Liebste heut im Traum.

Nun gute Nacht, ihr Brüder,

Gut' Nacht, mein Schlafkam'rad,

Wir sehn uns morgen wieder

Bei frischer Heldenthat.


Quelle:
Max Schenkendorf: Gedichte, Leipzig o.J, S. 100-102.
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