Sieben und zwanzigster Auftritt.

[92] Pamina halb wahnwitzig mit einem Dolch in der Hand. Vorige.


PAMINA zum Dolch.

Du also bist mein Bräutigam?

Durch dich vollend' ich meinen Gram. –

DIE DREY KNABEN beyseite.

Welch' dunkle Worte sprach sie da?

Die Arme ist dem Wahnsinn nah.

PAMINA.

Geduld, mein Trauter! ich bin dein;

Bald werden wir vermählet seyn.

DIE DREY KNABEN beyseite.

Wahnsinn tobt ihr im Gehirne;

Selbstmord steht auf ihrer Stirne.


[92] Zu Paminen.


Holdes Mädchen, sieh uns an!

PAMINA.

Sterben will ich, weil der Mann

Den ich nimmermehr kann hassen,

Seine Traute kann verlassen.


Auf den Dolch zeigend.


Dies gab meine Mutter mir.

DIE DREY KNABEN.

Selbstmord strafet Gott an dir.

PAMINA.

Lieber durch dies Eisen sterben,

Als durch Liebesgram verderben.

Mutter, durch dich leide ich,

Und dein Fluch verfolget mich.

DIE DREY KNABEN.

Mädchen, willst du mit uns gehen?

PAMINA.

Ja des Jammers Maas ist voll!

Falscher Jüngling, lebe wohl!

Sieh, Pamina stirbt durch dich;

Dieses Eisen tödte mich.


Sie holt mit der Hand aus.[93]


DIE DREY KNABEN halten ihr den Arm.

Ha, Unglückliche! halt ein;

Sollte dies dein Jüngling sehen,

Würde er für Gram vergehen;

Denn er liebet dich allein.

PAMINA erhohlt sich.

Was? Er fühlte Gegenliebe,

Und verbarg mir seine Triebe;

Wandte sein Gesicht von mir?

Warum sprach er nicht mit mir? –

DIE DREY KNABEN.

Dieses müssen wir verschweigen!

Doch wir wollen dir ihn zeigen,

Und du wirst mit Staunen seh'n,

Daß er dir sein Herz geweiht,

Und den Tod für dich nicht scheut.

PAMINA UND DIE DREY KNABEN.

Führt mich hin, ich möcht ihn seh'n.

Komm, wir wollen zu ihm geh'n.

ALLE VIER.

Zwey Herzen, die von Liebe brennen,

Kann Menschenohnmacht niemahls trennen.

Verloren ist der Feinde Müh;

Die Götter selbsten schützen sie.


Gehen ab.[94]


Quelle:
Wolfgang Amadeus Mozart: Die Zauberflöte, von Emanuel Schikaneder, Wien 1791, S. 92-95.
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